Ho Chi Minh City, VIE – By by Saigon

Mittlerweile bin ich ja eigentlich schon eine Station weiter und rückblickend verfestigt sich mein Gefühl, dass HCMC wohl nicht so meine Stadt ist. Es fehlt ihr ein wenig der vietnamesische Charme, zu viel erinnert an den Westen, auch wenn es äusserlich sehr vietnamesisch ist – eine Kombination weniger nach meinem Geschmack. Statt vieler Worte pick ich dazu die Hotelbewertungen als Bsp. heraus: Bei der ersten Hotelsuche in Vietnam (sowie auch nachfolgend) ist mir ins Auge gesprungen, dass das Hotelpersonal überall ausserordentlich gelobt wurde. Es war dermassen auffallend, dass es mich schon beinahe etwas irritiert hat, mittlerweile muss ich aber selber zugeben, dass die Betreuung effektiv aus dem Rahmen fällt, im positiven Sinne. Die Angestellten sind so bemüht und herzlich, aber doch niemals aufdringlich oder bemutternd unangenehm, ich habe so etwas noch selten in Hotels erlebt. Bei den HCMC-Hotels fiel dagegen auf, dass insbesondere das Personal mehrheitlich schlechte Bewertungen bekam, auch wenn das Hotel ansonsten gerühmt wurde und auch das kann ich unterschreiben. Sie sind auffällig bemüht darin, alles zu tun, um nicht arbeiten zu müssen. Hast du ein Anliegen, musst du dich schon lautstark bemerkbar machen – nach den zuvor gemachten Erfahrungen gleich doppelt mühsam. Auch sprechen sie kaum englisch, wobei nicht so ganz klar wird, ob sie nicht wollen oder wirklich nicht können. Eine solche Dienstleistungshaltung ist mir doch aus meiner Heimat ziemlich vertraut, passt aber so gar nicht zu den Vietnamesen, hat man seine Vietnam-Reise nicht in HCMC begonnen…. Man könnte vielleicht auch einfach sagen, der Norden Vietnams hat mich verwöhnt und im Süden musste ich mich wieder an die Normalität gewöhnen.? Und dafür muss ich ja eigentlich nicht herumreisen….

Seit ich vor ….. Jahren (es sind viele, meine französische Filmphase ist nämlich längst vorbei) den Film „Indochine“ gesehen habe, war ich auf gewisse Weise von Vietnam bzw. zumindest dessen Geschichte fasziniert. Zu einem Teil lag das bestimmt daran, dass für einmal nicht die Engländer die Kolonialherren waren – davor dachte ich, nach dem Verlust von Canada/USA hätten die Franzosen nur noch „uninteressante“ afrikanische Kolonien gehabt (Sorry, aber ich hab’s einfach nicht so mit Afrika) und war deshalb nur schon überrascht darüber, dass sich in Asien zwischen den englischen Kolonien auch noch französische getummelt haben (und wie schon angedeutet, ich hatte damals gerade eine Art „französische Phase“). Verstärkt wurde das Interesse oder die Faszination etwas später durch den Film „Platoon“. Es hat aber nie gereicht, um mich wirklich intensiv mit der Geschichte Vietnams zu beschäftigen – nun ja, damals gab es auch noch kein Internet für uns Normalsterbliche und es war noch nicht so einfach, sich schlau zu machen wie heute. Mittlerweile habe ich viel zu den letzten 100 Jahren vietnamesischer Geschichte gelesen und bin einmal mehr empört über den Westen – wehe wenn das einmal auf uns zurückkommt, dann möchte ich nicht im Westen zu Hause sein!

Nachdem ich längst beschlossen hatte, noch einmal nach Vietnam zurückzukehren und schon genug genervt war davon, mir ein Dach über dem Kopf zu organisieren, habe ich für die relativ lange Zeit, die ich in dieser Stadt verbracht habe, relativ wenig unternommen. Es gäbe ja viele Möglichkeiten, insbesondere wenn man die nähere Umgebung mit einbezieht (im letzten Blog bereits aufgezeigt), vielleicht hat mich die Qual der Wahl auch einfach etwas überfordert zusammen mit dem Energiemangel, von dem ich immer noch nicht weiss, wem oder was genau er geschuldet ist. Ich hatte ja auch eine Menge „nachzuschreiben“ (und bin bereits wieder in Verzug) und schliesslich habe ich auch die Zeit, mir immer wieder mal viel Zeit zu lassen und es einfach gemütlich zu nehmen.?

Gegen Ende des Jahres und meines Aufenthalts in HCMC habe ich mir dann aber doch noch die beiden Dinge angeschaut, die ich eigentlich schon ganz am Anfang machen wollte:

das Kriegsrelikte-Museum (früher: Museum der amerikanischen und chinesischen Kriegsverbrechen – sagt eigentlich alles, oder?)  Es hat mich denn auch ziemlich überrascht, dass Eltern hier mit ihren kleinen Kindern aufgekreuzt sind. Natürlich darf ich nicht davon ausgehen, dass alle sich im Voraus informieren, aber irgendwoher wird man doch wissen, was man sich anschauen will, oder nicht? Nun, die Vietnamesen sind doch so schlau und haben vorgesorgt, es gibt einen betreuten Spielraum, in dem man seine Kinder abgeben kann. Viele haben sich jedoch die Ausstellung angeschaut und werden wohl noch einige Zeit davon träumen, selbst wenn sie die Erklärungen noch nicht lesen können. Es geht wirklich unter die Haut. Etwas schade ist, dass es eine einseitige Sache ist, denn die Verbrechen des Vietcong sind nicht erwähnt und auch wenn ich immer weniger (sofern denn weniger überhaupt noch geht) von den Amerikanern halte, wird nicht alles falsch sein, was sie in ihrer filmischen Aufarbeitung so zeigen. Zumal man ihnen doch zu Gute halten kann, dass sie mit der Zeit objektiver geworden sind.

Neben Bildern und Relikten aus dem Krieg selber, gibt es auch eine grosse Ausstellung zu den Kriegsfolgen – Stichwort Agent Orange – und ein weiterer Raum ist den Kriegsreportern gewidmet, von denen viele nicht überlebt haben. Einige sind bis heute verschollen, darunter sogar ein Schweizer und man vermutet, dass sie in Kambodscha den Khmer Rouge zum Opfer gefallen sind (einige dieser Reporter wurden unter den Opfern der Killing Fields identifiziert oder sind in den Aufzeichnungen der Khmer Rouge wieder aufgetaucht).

Ich habe hier nur zurückhaltend Fotos gemacht – wer will solche Bilder schon bei sich verewigen? Insbesondere die Agent Orange-Opfer, die mir die Erinnerungen an Mengeles Versuchslabors hochkommen liessen, habe ich komplett weggelassen. Sie wirken schon beinahe wie Fotomontagen, auch wenn ich mir sicher bin, dass es keine sind. Ich weiss nicht, ob es eine richtige oder eine pietätlose Aktion wäre, diese Bilder weiter zu tragen. Übrigens sind auch Nachkommen der amerikanischen GI’s davon betroffen. Der Grund, weshalb den amerikanischen Kriegsveteranen von amerikanischen Gerichten Entschädigungen zugesprochen wurden – seltsamerweise finden die gleichen Gerichte aber immer wieder Begründungen, warum die zuvor erwähnten Begründungen für die vietnamesischen Opfer nicht gelten…. Soll mir einer die Logik der Justiz erklären! Kein Wunder, hatte ich in Jus immer so schlechte Noten.

Vor und nach Agent Orange








Der Wiedervereinigungspalast, früher Unabhängigkeitspalast und ehemaliger (Wohn-)Sitz der südvietnamesischen Regierung. Die Durchbrechung dessen Tore Ende April 1975 gilt als Symbol für das Ende des Krieges zwischen Nord- und Südvietnam (damals hatten sich die Amerikaner bereits aus dem Krieg zurückgezogen – und siehe da, sie haben nichts gelernt, machen die gleichen Fehler immer und immer wieder, wenn es auch damals nicht zu einer ISIS geführt und den Westen damit nicht (so ganz) tangiert hat. Aber wenn man aus seinen Fehlern nicht lernt, wird es halt meist jedes Mal ein bisschen schlimmer….)

An meinem Besichtigungstag fand gerade ein Kongress statt im Palast. Dies war jedoch kein Hinderungsgrund, die Touristen nicht einzulassen. Wir hätten uns denn wunderbar unter die Teilnehmer mischen und uns genüsslich am Bankett verköstigen können – eine etwas verwirrende Erfahrung. Vor allem auch deshalb, weil es zu Beginn recht schwierig war, seinen Weg durch das Gewusel zu finden. Die meisten Treppen schienen abgesperrt und ich hatte mich bereits gefragt, ob man wohl wirklich nur den Eingangsbereich des Palasts besichtigen könne. in den versteckten Seitenbereichen haben sich dann aber doch noch Treppen nach oben gefunden.

Die Blumen beim Eingang standen im Zusammenhang mit dem erwähnten Anlass (was ich jedoch erst später herausgefunden habe)

Das symbolträchtige Eingangstor 

Von vorn
Von hinten
Die linke Seite


Das Innere, unter anderem ein Kino, ein Spielzimmer, eine Bibliothek, Representationsräume (davon einen eigenen nur für die Empfänge von Botschaftern)….. Insgesamt etwa 100 Räume, von denen jedoch nur ein kleiner Teil besichtigt werden kann


Der Botschafterraum

Das Kino (unschwer zu erkennen)

Das Spielzimmer

Die Aussicht

Ohne Worte….

Definitiv die schönere Elefantenvariante…

…und noch etwas Info


Leider waren einige Bereiche des Palasts aufgrund von Restaurierungen nicht zugänglich. Diese sollten bis zum 28.12.2015 andauern – ich war am 29.12. da ? und musste schmunzeln. Womöglich haben die Rumänen wirklich Recht oder man hatte sich vielleicht in der Jahreszahl vertan? Nun, es ist wohl etwas gar kleinlich, in einem Tag Verspätung einen Fehler zu sehen, geärgert hat es mich trotzdem, dass ich ausgerechnet den Bunker nicht besichtigen konnte. Sie hätten die Zeitangaben doch einfach weglassen können….

Man könnte also tatsächlich zum Schluss kommen, dass mein Timing für Saigon das Falsche und es vermutlich die richtige Entscheidung war, meinen Vietnam-Aufenthalt etwas abzukürzen bzw. dieses „kostbare“ Visum nicht voll und ganz auszunutzen. Der Tag nach dem Besuch im Palast war mein Abreisetag. Den 30.12.2015 habe ich somit grösstenteils in einem Bus verbracht, der nicht so ganz den Anpreisungen im Internet entsprach. Es gab weder eine Toilette noch wifi an Bord und das Gefährt war relativ alt, die Fahrt jedoch teurer als bei der Konkurrenz…. So kann’s einem gehen, wenn man nicht bereit ist, morgens zwischen 6 und 7 Uhr loszufahren! Ich muss allerdings erwähnen, dass die Toiletten praktisch bei allen Busfahrten hier nicht genutzt werden dürfen (des Gestanks wegen) und es dafür regelmässige Stopps gibt – eine absolut akzeptable Alternative. Und wifi habe ich auch nicht wirklich vermisst, da ich den grössten Teil der Fahrt verschlafen habe. Genervt hat mich denn auch nur, dass ich für diesen „Luxus“ bezahlt habe. Allgemein komme ich immer mehr zum Schluss, dass die billigste Variante auch die ökonomiste ist. Da kannst du nicht Gefahr laufen, für etwas zu bezahlen, das du dann doch nicht erhältst, das Minimum wird immer geboten, Preis-/Leistungsverhältnis korrekt, Erwartungen erfüllt. Wieder etwas gelernt….

 

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