Chiang Mai, THA – Frieden auf Erden

Ich hatte mich so wunderbar an Bangkok gewöhnt, dass ich mich fast nicht mehr aufraffen konnte, nach Chiang Mai weiterzuziehen, überlegte gar, Chiang Mai ganz zu streichen, was ein Fehler gewesen wäre. Chiang Mai ist toll! In meinem Reiseführer steht, Chiang Mai wirke auf aus Bangkok kommende Reisende sehr beschaulich – wie wahr! Wie ein kleines Nest kommt es einem vor, dabei ist es die grösste und wirtschaftlich wichtigste Stadt von Thailands Norden.

Wassergraben entlang der Stadtmauer

Es mag überraschend klingen, doch die Stadt hat mich auch an mein geliebtes Avignon erinnert. Natürlich nicht vom Optischen her, man weiss schon, dass man in Thailand ist. Doch auch Avignon ist riesig, als Tourist, der man sich jedoch nur im beschaulichen Altstädtchen Avignons aufhält, bekommt man davon gar nichts mit. Auch in Chiang Mai ist die, ebenfalls mit einer (wieder aufgebauten) Stadtmauer umgebene Altstadt der Anziehungspunkt für die Touristen. In dieser fühlt man sich geschützt und „eingepackt“, kann sich gut zu Fuss bewegen und auch alles Wichtige erreichen. Ausserdem scheint diese (Alt-)stadt überproportional voll an Tempeln (in gewisser Weise doch auch ein Pendant zur Papststadt ?), was vermutlich ein Trugschluss ist. Habe zumindest nirgendwo etwas in diese Richtung gelesen und liegt wahrscheinlich nur daran, dass ich mir vorgenommen hatte, dieses Mal jeden Tempel zu besichtigen, an dem ich vorbei komme. Dieses Vorhaben habe ich denn auch irgendwann aufgegeben, es waren einfach zu viele und irgendwann mag man auch keine Tempel mehr sehen….

Tha Phae Gate – Touristenattraktion und Zusammenkunft der bekannten globalen Restaurantketten (Mc Donald’s, Starbucks….)


Die Stadtmauer oder was davon wieder aufgebaut wurde


Ich glaube, jeder, mit dem ich über Chiang Mai gesprochen oder den ich dort angetroffen habe, erzählte, dass er länger in Chiang Mai geblieben ist als ursprünglich geplant (und so mancher hat sich gleich für immer niedergelassen ?). Das sagt doch eigentlich schon alles! Auch ich wäre länger geblieben, wäre nicht Songkran vor der Tür gestanden. Songkran, das buddhistische Neujahr auf Thailändisch, das insbesondere in Chiang Mai und Bangkok sehr feuchtfröhlich gefeiert wird. Wobei feuchtfröhlich an dieser Stelle nichts mit Alkohol am Hut hat. Ursprünglich ging es wohl um die rituelle Reinigung, aus der die Thais jedoch mittlerweile eine Wasserschlacht gemacht haben und dabei nur zu gerne die Touristen ins Visier nehmen. Und ich als Wasserscheue habe dabei nichts zu suchen! Daher habe ich von einer Verlängerung meines Aufenthalts abgesehen und war nur eine gute Woche dort. Für die meisten wäre das schon ein verlängerter Aufenthalt, für mich jedoch ist es ein recht kurzer Stopp. Dennoch habe ich verhältnismässig viel gesehen. Davon zu berichten, wirkt auf mich nun allerdings wie die x-te Wiederholung: ich bin kreuz und quer durch die Stadt spaziert und habe mir eine Menge Tempel angesehen – alles schon einmal dagewesen. Auch wenn es sich eigentlich nicht nach Wiederholung angefühlt hat, nicht einmal bei den Tempeln, obwohl man deren Konzept dann doch irgendwann durchschaut hat ?, die Worte zur Beschreibung sind doch die gleichen und das beginnt sogar mich zu langweilen. Deshalb sei an dieser Stelle nur vermerkt: ich bin wieder einmal viel durch die Stadt spaziert und habe dabei so manchen Tempel angeschaut….?

Abgesehen von Spaziergängen durch die Stadt, habe ich auch einen Tagesausflug gemacht, ebenfalls zu einem Tempel ?, dem Wat Phrathat Doi Suthep, einem der bedeutendsten Tempel Nordthailands. Dieser liegt am Hang des 1676m hohen Doi Suthep, etwas ausserhalb der Stadt und bietet – zumindest theoretisch – auch einen wunderbaren Blick über Chiang Mai und dessen Umgebung. Das ging aber leider ein wenig in die Hose. Es war zu dunstig und die Sicht stark eingeschränkt. Der Tempel für sich hat sich jedoch allemal gelohnt. Das Gelände ist enorm gross. Ähnlich dem Golden Mount gilt es erst einmal, eine Menge Treppenstufen zu erklimmen (es gäbe zwar auch eine kleine Bergbahn, doch so alt oder so bequem sind wir dann doch noch nicht!). Oben angekommen kann man sich gut und gerne mindestens eine Stunde mit Besichtigen beschäftigen, wenn man alles sehen will. Trotz der einmal mehr vielen Touristen bin ich länger geblieben, irgendwo auf einem Bänklein sitzend, die Menschen beobachtend oder einfach ein wenig vor mich hinträumend.

Die theoretisch phänomenale Aussicht vom Doi Suthep….

Neben Tempeln und Museen wirbt der Tourismus in dieser Gegend vor allem für Trekkingtouren in eines der angrenzenden Valleys (teilweise geht’s dabei auch in einen Nationalpark) oder für Begegnungen mit Elefanten. Diese reichen vom simplen Elefantenreiten über das Waschen und Versorgen der Elefanten bis hin zu Mahout-Kursen. Der Mahout ist derjenige, der die Tiere trainiert und ausbildet (bspw. für die Arbeit in der Holzverarbeitung), der beim Elefantenreiten vorne auf dessen Nacken sitzt (während die Touristen hinten auf dem gesattelten Rücken sitzen) und dem Elefanten die Befehle erteilt durch Bewegungen und Zurufe. Gerne wäre ich auch in ein Elefantencamp gegangen. Doch es gibt in diesem Bereich viel Massenabfertigung und lange nicht immer werden die „Touristenshows“ artgerecht umgesetzt. Hierfür den richtigen Ort zu finden, hätte mehr Zeit beansprucht, weshalb ich davon abgesehen habe. Sind wir nicht so egoistisch, den Elefanten zuliebe.

Wie bereits angedeutet haben sich auch in Chiang Mai viele Westler niedergelassen. Viele der Restaurants oder Hotels werden von Europäern geführt. Die angebotene Küche ist denn auch ausserordentlich vielfältig und beinhaltet nicht nur die übliche asiatische Küche von indisch über einheimisch bis hin zu japanisch oder chinesisch mit dem standardmässigen „western food“ für Touristen. Neben dem deutschen Biergarten steht ein französisches Bistro, etwas weiter wird american BBQ angeboten, genauso wie spanische, türkische, mexikanische oder italienische Küche. Dieses multikulti Volk gibt der Stadt sicherlich ein internationales Flair, welches man jedoch nicht wirklich bewusst wahr nimmt, die Stadt wirkt thailändisch durch und durch…. Womöglich ist es ja das, was es ausmacht, dass sich das Leben in Chiang Mai so leicht anfühlt, das unbewusst Vertraute in der Fremde? Jeder kann ein Stück Heimat finden, wenn er will.

Die Entscheidung, hier zu leben, kann ich gut nachvollziehen. Würde ich nach Thailand auswandern, wäre Chiang Mai sicherlich einer der Orte, den ich hierfür in Betracht ziehen würde. Leider fehlt das Meer, aber ganz alles kann man bekanntlich nie haben….? und davon abgesehen besitzt dieser Ort einen enorm hohen Wohlfühlcharakter! Es herrscht eine wunderbare Athmosphäre, zumindest in der Altstadt. Abgesehen vom Gewusel an den Nachtmärkten ist es ungemein friedlich und recht ruhig. Der alte Stadtkern ist nicht autofrei, dennoch gibt es nur entlang der Stadtmauern wirklich viel Verkehr. Man kann sich beinahe wie in einer riesigen Fussgängerzone bewegen. Und nicht zu vergessen die Tiere! Von meinem Balkon aus konnte ich eine Menge Vögel und vor allem Eichhörnchen beobachten. Dabei haben es mir besonders dieselbigen angetan. Ich erinnere mich noch, wie ich vor etwa 3j ein Eichhörnchen im Dietiker Wald entdeckt hatte und dabei realisierte, dass ich seit Jahren keines mehr gesehen hatte und hier in Chiang Mai sind sie nur so um meinen Balkon herumgewuselt. Ich liebe diese kleinen Kerlchen, frech und unheimlich flink und einfach süss anzuschauen. ? Und dann ist da natürlich die Schönheit und nicht selten auch die wohltuende Ruhe der Tempel, kleine Kraftorte in einer ansonsten schon beruhigenden Stadt!


Etwas Speziell doch aus meiner Sicht enttäuschend war der Baan Phor Liang Meuns-Terrakottagarten. Beschrieben als „offener, üppig begrünter Showroom eines Geschäfts mit Kopien alter Terrakottafiguren lädt er zum Rundgang zwischen zahlreichen Gottheiten, Buddhastatuen und Reliefs ein.“ Das ist ja auch nicht falsch, allerdings ist es ein minipipi-Rundgang und das Wort zahlreich erhält hier eine neue Bedeutung…. Auch scheint mir der Ort nicht für den Zweck der Betrachtung gemacht (womöglich hatte der Showroom gerade Pause?), da er an einigen Stellen ziemlich unordentlich, fast ein wenig „müllartig“ daherkommt, wenn Reliefs, Töpfe und halbe Figuren einfach zu einem Haufen in einer Ecke zusammengestellt wurden. Wegen des Sightseeings lohnt dieser Ort folglich nicht. Als ruhige Oase zum Lernen, Lesen oder Schreiben eignet er sich schon besser. Diesbezüglich könnte er beinahe ein Insidertipp sein, denn viele Besucher waren nicht vor Ort. Ruhig ist es also und grün auf jeden Fall auch. Mit den richtigen Erwartungen wird man auch hier nicht enttäuscht.

Der Eingang

Rückseite des Eingangs / Ausgang

Das wäre dann der Rundgang (mehr als dieses Bild einfängt, gibt es nicht herumzugehen)

Das Chaos

Noch mehr Chaos

Speziell und daher erwähnenswert sind die Transportmittel. Die allgegenwärtigen Tuk Tuks finden sich auch hier, doch Taxis gibt es praktisch keine, diese werden ersetzt von den Songthaew. Man kann sie nutzen wie Taxis, teilweise haben sie jedoch auch fixe Strecken und fahren erst los, wenn sie voll sind. Innerhalb der Altstadt sind sie meistens rot, ausserhalb und je nach Himmelsrichtung sind sie grün, gelb, weiss, blau oder orange. 10 Personen lassen sich nach westlichen Vorstellungen reinquetschen, Einheimische schaffen jedoch bestimmt auch mehr Fahrgäste.

Songthaew

Wirklich Spektakuläres ist in Chiang Mai nicht vorgefallen. Ich war ja auch nicht sehr lange da. In Erinnerung geblieben sind mir effektiv „nur“ die ausserordentliche Wohlfühlstimmung und die Eichhörnchen!?

Etwas ungeschickt von mir war, dass ich die Begleitumstände von Songkran zu lange nicht erkannt hatte. So waren die Reisemöglichkeiten bereits ziemlich erschöpft, als ich mich damit befasst habe. Doch mit Air Asia fliegt man von überall günstig nach Kuala Lumpur, ihrem Heimhafen. Und Malaysia ist bezüglich Visum ausserordentlich grosszügig, man braucht nämlich keines für die ersten 90d. Und so hat es mich – auf der Flucht vor Songkran – vom Frieden auf Erden ins Getöse und Geblinke einer asiatischen Grossstadt verschlagen…

 

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