George Town (Penang), MYS – Ökologie, Religion und Fakelaki

Malaysia hat mich zu einem Starbucks-Stammgast werden lassen. Das liegt hauptsächlich an KL’s Chinatown und einer Täuschung. Die „Restaurants“ in Chinatown/KL bieten kein free wifi und so bin ich bereits dort oft auf Starbucks ausgewichen. In George Town angekommen, hab‘ ich’s wohl einfach blöd getroffen, als meine ersten 3 Gaststätten-Versuche die Frage nach free wifi ebenfalls verneinten. Ich kam zum Schluss, dass dies in Malaysia offenbar nicht so verbreitet sei. Mittlerweile weiss ich, dass das nicht unbedingt korrekt ist, doch ich habe mich an Starbucks gewöhnt, der Kaffee ist hier immer gut, die Preise – man staune als Schweizer! – günstig, wifi meist recht passabel und sie haben Aussensitzplätze, die ich der „freezing world inside“ eindeutig vorziehe. Überraschenderweise recht schnell hat sich mein Gesicht hier durchgesetzt, was dazu führte, dass meine Bestellung bereits aufgegeben wurde, wenn ich erst im Anmarsch war. Nicht selten stand mein Latte Venti schon abholbereit, bevor ich überhaupt dazu gekommen war zu bezahlen! ?

Die Malayen scheinen sich von der Erfindung der A/C noch nicht erholt zu haben – jedenfalls übertreiben sie es nach europäischem Empfinden masslos. Nur schon das Vorbeigehen in einigen Metern Abstand an einer Mall, deren Tür sich gerade geöffnet hat, lässt die Schweisstropfen kristallisieren! Vermutlich eine ähnliche Erfahrung, wie wenn man in Dubai eine der Skifahr-Hallen betritt… Ein deutscher Austauschstudent hat mir erzählt, dass er für die Uni immer einen Pullover dabei hatte. Er sei allerdings der Einzige gewesen! Es ist uns beiden unverständlich, dass die Malayen sich in dieser Kälte wohlfühlen. Genauso, wie es ihnen unverständlich ist, dass ich lieber draussen sitze. Sie stöhnen immer über die unerträgliche Hitze und fragen mich im Laufe meines Restaurant-Aufenthalts mehrfach, ob ich nicht doch lieber drinnen sitzen wolle. Dabei ist es gar nicht wirklich heiss, solange man nicht gerade in der prallen Sonne herumsteht! Mich zumindest nerven sogar die Wind-Ventilatoren, die auch draussen unermüdlich zum Einsatz kommen. Aus meiner Sicht auch so etwas, wo man schmerzfrei und leicht eine Menge Energie sparen könnte. Zugegebenermassen sollten wir damit allerdings zuerst bei uns anfangen, bevor wir der 2. und 3. Welt diesbezüglich Vorschriften machen! Dennoch ärgert es mich hier in Asien immer wieder masslos, wenn ein Auto (oder sogar ein Moped und hier fehlt mir das Verständnis definitiv) minutenlang einsam und allein, sprich ohne Insassen auf weiter Flur, vor sich hin motorlet. Ich nehme an, dies ist auch der Klimaanlage geschuldet, die Kühlung soll ja nicht unterbrochen werden (was bei einem Moped allerdings keine Begründung sein kann). Ich finde das nicht nur masslos übertrieben, sondern vor allem auch ziemlich nervig. Diese Beschallung ist nun wirklich nicht gerade Musik in meinen Ohren. Da kann ich doch sogar einen gewissen Sinn an den Benzinsteuern erkennen!

Malaysias Staatsreligion ist der Islam, was für mich soweit nichts Neues war. Dass hierzu allerdings quasi ein Zwang (oder ein Geburtsrecht, je nach Sichtweise) besteht, hat mich doch überrascht und vor allem auch irritiert…..:

Bis weit in die 1970er Jahre galten viele muslimische Malaien als liberal. Mit der Dakwah, einer islamischen Erweckungsbewegung, setzte jedoch eine Islamisierungswelle ein (ausgelöst durch verschiedene ethnische und soziale Konflikte), so dass Malaysia heute orthodox-islamisch ist. Die Malaien, die 50,4 % der Gesamtbevölkerung ausmachen, sind praktisch alle Muslime. 

Nach der Verfassung des Landes sind alle ethnischen Malaien von Geburt an automatisch Muslime. Sie können keine Andersgläubigen heiraten. Ein Abfall vom Islam wird höchst ungern gesehen und ist in der Praxis nur schwer möglich. Hierzu ist zunächst ein „Borang Keluar Islam“ (Formular zum Austritt aus dem Islam) auszufüllen. Anschließend muss circa zwei Jahre bewiesen werden, dass man nicht doch noch zum Islam bekehrt werden kann, beispielsweise in „Umerziehungszentren“, wo Austrittswillige festgehalten werden. Letztlich muss ein Sharia-Gericht über den Austritt entscheiden – die in der Verfassung verbriefte Religionsfreiheit besteht nur theoretisch. [Wikipedia]

Deshalb gibt es auch keine schwulen Malayen…. Schwulsein ist im Islam bekanntlich nicht möglich (in Malaysia auch strafbar) und konvertieren geht auch nicht…. saublöde Pattsituation – habe dazu eine Biographie gelesen. Der arme Mann hat es mit Konvertieren versucht und ist letztlich aus seiner Heimat geflohen.

Penang ist zwar mehrheitlich chinesisch, dennoch habe ich den Muezzin hier zum ersten Mal wahrgenommen. Dabei habe ich überrascht festgestellt, dass diese nicht immer das Gleiche erzählen. Nicht, dass ich auch nur ein Wort davon verstanden hätte, aber es fällt auf, dass die Länge der Gebete sehr unterschiedlich ausfällt und damit meine ich nicht zu unterschiedlichen Tageszeiten, sondern unterschiedliche Moscheen. Neben einem der Starbucks findet sich auch eine Moschee. Wann immer sich dieser Muezzin hier meldete, es dauerte keine 5min und es war wieder still. Erst habe ich mich gefragt, ob das damit zusammenhängt, dass gleich neben dieser Moschee eine Art Marktplatz liegt, der so ab abends um 17 Uhr, wenn die Stände langsam öffnen, laut beschallt wird mit meist westlicher Musik. Doch auch wenn die Musiklautsprecher tagsüber ruhig sind, bleibt das Gebet kurz. Nebenbei erwähnt, eine wirklich kuriose Kombination, wenn der Muezzin zusammen mit Abba oder Take That spricht. Vom Hotel her hörte ich jedoch einen anderen Muezzin (zumindest kam’s von einer anderen Moschee) und das dauerte doch einiges länger. Würde mich echt interessieren, was die Unterschiede sind und worin sie sich begründen.

4-spurig und komplett leer…. (ausser in der Rushhour), ein bis zwei Spuren werden daher meist als Parkplatz für Busse genutzt


Das liebe Geld – wo auf der Welt dreht sich nicht alles darum? Vielleicht bei einigen noch ziemlich abgeschotteten indigenen Völkern…. Doch bei denen war ich ja nicht und so ist es auch nicht überraschend, dass das zentrale Thema auch auf meinen Reisen in vielen möglichen Formen zum Ausdruck kommt. Im Gegensatz zu Zuhause fand ich Korruption nicht nur in den Zeitungen (zwischen den Zeilen) und in der Logik des gesunden Menschenverstandes, also quasi unterschwellig, im Geheimen und versteckt, sondern auch offen und direkt, ich sass quasi in der ersten Reihe und durfte zusehen, ja sogar miterleben.

Einst bei einem Einkauf in einem Minimarkt. Ich war nicht das erste Mal da, bis anhin gab es jedoch nichts Ausserordentliches zu berichten. Doch das sollte sich ändern. Die Kassiererin begann, meine Waren auf der Kasse einzutippen, hörte jedoch plötzlich damit auf, nahm den Taschenrechner zur Hand und hielt mir diesen schliesslich hin, um mir anzudeuten, dass ich den Betrag gemäss Taschenrechner-Display zu bezahlen hätte, welcher natürlich nicht mit dem Betrag auf der Kasse übereinstimmte. Zuerst war ich ziemlich verwirrt, konnte ich mich doch bis anhin am Betrag an der Kasse orientieren, wofür brauchte es denn jetzt plötzlich einen Taschenrechner? Natürlich hatte ich registriert, dass sie nicht alles getippt hatte und der Betrag auf der Kasse damit nicht stimmte, doch die Logik dieser Vorgehensweise ging mir erst einmal komplett ab. Bis der 20er schliesslich fiel! ? Ob die Kassiererin nun aber den Eigentümer des Ladens betrogen hatte oder sie zur Familie gehörte und hier der Staat betrogen wurde oder es letztlich nur um eine Inventarkorrektur ging, weiss ich natürlich nicht. Ganz sauber war die Sache vermutlich nicht. Im Hinblick auf die Korruption der Regierung (im grossen Stil – ich habe auch malayische (Internet-)Zeitungen gelesen) und die Behandlung der (chinesischen) Minderheiten durch den Staat, konnte ich die Situation aber ganz gut mit meinem Gewissen vereinbaren und habe mit einem Schmunzeln den gewünschten Betrag bezahlt.

Weniger schmunzelnd, eher mit Empörung habe ich einen staatlichen „Kontrollbesuch“ in meinem Hotel  zur Kenntnis genommen. Ich war gerade an der Reception und plauderte ein wenig mit der Angestellten, als 2 komplett verhüllte (naja, fast, das Gesicht war frei) Damen eintrafen. Die Kleidung tut natürlich nichts zur Sache, liess mich allerdings darauf schliessen, dass es zwei malayische (da eben muslimische) Frauen waren. Sie sprachen kurz mit meiner Gesprächspartnerin auf Bahasa, was ich natürlich nicht verstand und gingen danach in den Lift. Die Receptionistin erklärte mir darauf, dass die beiden von einer staatlichen Behörde seien und das Hotel kontrollieren würden. Dann nahm sie zwei kleine Couverts zur Hand, in der Grösse von Geldscheinen und zu meinem Amusement wunderschön verziert – am liebsten hätte ich diese fotografiert! – und gab mir zu verstehen, dass die zwei Staatsangestellten hierfür vorbeigekommen seien. Die Kontrolle dauerte denn auch nicht lange, keine 5min und die zwei standen wieder an der Reception. Wechselten noch ein paar Worte mit der Receptionistin, nahmen die beiden Couverts entgegen, nickten mir freundlich zu und waren wieder weg.

Zelebrierung Fakelaki! Hatte ich das nun also auch einmal erlebt. Am meisten fasziniert hat mich ja, dass da nichts Verstecktes war, keine Scham, keine Heimlichkeiten, das lief ab, wie das Normalste der Welt, ganz selbstbewusst und in vollster Selbstverständlichkeit. Ich unterstelle, dass hierbei auch die Einstellung zur Minderheit mit hineinspielt. Die Chinesen sind in Malaysia ja nur Menschen 2. Klasse, geduldet und haben dankbar dafür zu sein, dass sie ihre Geschäfte in Penang so erfolgreich betreiben können, da ist es nur recht, wenn die Privilegierten davon auch etwas abbekommen. Allerdings weiss ich natürlich nicht, wie es in malayischen Hotels abläuft. Ich weiss noch nicht einmal, ob es solche überhaupt gibt. Die Receptionistin hat nur über die chinesischen Betriebe gesprochen und es war viel Emotion in diesem Gespräch enthalten. Dieser (bei Westlern) noch weit verbreitete Glaube des friedlichen Mit- und Nebeneinanders der Kulturen in Malaysia ist nicht mehr wirklich. Vermutlich geht es hier eher um eine verhasste Abhängigkeit. Was wäre die Schweiz ohne die Ausländer, die die Arbeiten erledigen, die der Schweizer nicht (mehr) tun will? Wo wäre Malaysia ohne die arbeitswütigen Chinesen und ohne deren Investitionen? „Alle Menschen sind gleich“ dürfte in der Malayischen Verfassung nicht verbürgt sein oder dann ist sie ebenso theoretisch wie die Religionsfreiheit.

Ich liess mir natürlich noch weitere Details zur Behördenkontrolle erläutern und erfuhr, dass der Kontrollgang per Mail angekündigt wird. Die Mail beinhaltet auch gleich den erwarteten „Fakilaki-Betrag“, damit es auch ja keine Missverständnisse gibt (diese Schriftlichkeit hat mich doch überrascht). Was ich nicht verstanden habe, ist, wieviele solcher Kontrollen es pro Jahr gibt und ob es unterschiedliche Behörden gibt, die kontrollieren. Auch habe ich nicht nach dem Betrag gefragt, der abgeliefert werden muss.

Ausblick bei Nacht

 

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