Phnom Penh, KHM – Freude und Fassungslosigkeit, Emotionen pur und viel Geschichte

Phnom Penh ist eine schmutzige Stadt. Nicht im offensichtlichen Sinn (resp. nicht mehr als andere asiatische Städte auch), doch wenn man nach einem Tag in dieser Stadt zurück ins Hotel kommt und sich die Hände wäscht, wird das Wasser schwarz, richtig rabenschwarz. Das hat leider auch etwas schwierige Konsequenzen für meinen dezimierten Kleiderbestand… Könnte ein harter Monat werden! Abgesehen von dem Moment, in dem ich aus der Dusche steige, fühle ich mich eigentlich immer irgendwie schmutzig, denn selbst die frischgewaschenen Kleider wirken nicht sauber und die Hitze tut ihr übriges.

Kambodscha liegt ja bekanntlich zwischen Vietnam und Thailand, und so kommt es mir auch in etwa vor, ein Mix aus Vietnam und Thailand. Das macht auch Sinn, dieses Land war dermassen oft vom einen oder anderen Nachbarn (teilweise) besetzt, die Grenzen haben sich so oft verschoben, dass es überrascht, dass die französischen Hinterlassenschaften auch noch durchblitzen und die Kambodschaner überhaupt noch wissen, wer sie sind. 2 Dinge erinnern mich jedoch stark an Indien: die Tuk Tuks, die hier eine unglaubliche Dominanz haben. Zwar findet man diese in Thailand auch (in Vietnam nicht), aber Reisenden wird eher von deren „Gebrauch“ abgeraten, zudem ist die Stadt voll von Taxis. In Phnom Penh habe ich bis anhin gerade einmal ein einziges Taxi gesehen. Und die Bettler – heiliges Kanonenröhrchen, mit denen ist es hier echt arg, genau wie in Indien eben. Auch wenn ich mich wiederhole, Vietnam hat seine Bettler gut versorgt, aber hier wimmelt es nur so davon. Und ganz viele davon sind Kinder. Und noch mehr Kinder laufen den ganzen Tag mit ihren Kistchen herum und versuchen, irgendwelchen Ramsch an den Mann zu bringen und sie können zuweilen ganz schön aggressiv werden, wenn man ablehnt. Wer also Indien nicht aushält, sollte von einer Reise nach Kambodscha absehen.

Kambodscha ist so ein kaputtes Land. Die Armut kriecht aus allen Ritzen, sie ist einfach überbordend. Es ist mir ein Rätsel, wie die Kambodschaner einen König finanzieren können. Und haben mich bereits die Details zum Vietnam-Krieg bekümmert, bin ich hier schlichtweg fassungslos in Anbetracht der Geschichte dieses Landes der letzten 50 Jahre. Es ist ein Wunder, dass die Menschen hier überhaupt zu einem normalen Leben fähig sind, insbesondere die Menschen meines Alters oder älter müssten eigentlich alle einen kompletten Dachschaden haben. Solche Zeiten zu überleben und noch immer Mensch zu sein, erscheint mir beinahe übermenschlich.

Die Spitze des Eisberges sind natürlich die eigenen Landsleute, die Khmer Rouge. Dass man jedoch den kambodschanischen Uno-Sitz nach 1979 an Pol Pot vergeben hat, nur weil es den Amis nicht passte, dass die Vietnamesen in Kambodscha aufgeräumt haben, ist schlichtweg ein Verbrechen. Seinen verletzten Stolz – und soll mir keiner mit dem Argument des Zeitgeists des kalten Kriegs kommen, das ist nur eine billige Ausrede, letztlich geht es wie immer um Macht! – über derartige Greueltaten und Grausamkeiten zu stellen, ist nicht entschuldbar, einfach nicht. Und nach Vietnam, nur wenige Jahre später, einen erneuten Stellvertreterkrieg zu führen in Kambodscha, müsste man eigentlich als Dummheit (ich sag’s doch, nichts gelernt) bezeichnen. Doch mit Dummheit ist nur ein Teil, wenn überhaupt, begründbar, was es noch viel tragischer macht.

Wie die Europäer haben Vietnam, Kambodscha, Thailand und Myanmar über Jahrhunderte Kriege geführt, die Grenzen immer wieder neu definiert, Völker vertrieben oder unterjocht und um die Vormachtstellung in dieser Gegend gekämpft. Kambodscha könnte man wohl als den grossen Verlierer dieser Zeit bezeichnen. Wie Ungarn betrug seine Fläche einst ein Vielfaches der heutigen und darunter leidet der Stolz der Kambodschaner heute noch, wie mir scheint.  Im 19. Jh. kamen schliesslich die Kolonialherren aus Europa und diese Völker wurden komplett fremdbestimmt bis zur Unabhängigkeit irgendwann nach Ende des 2. Weltkriegs. Obwohl dem damaligen König Kambodschas die schweizer Neutralität als Vorbild vorschwebte (unter den erneut aufgeflammten Querelen zwischen Thailand und Vietnam), kam aber auch das unabhängige Kambodscha nicht zur Ruhe.  Die Bauern verehrten den König, die Mittelklasse in den Städten hielt ihn aber für zu schwach gegenüber der Korruption und war unzufrieden mit seiner „neutralen Haltung“ (oder dem entsprechenden Versuch) gegenüber Vietnam und Thailand. Er wurde 1970 weggeputscht von einer Regierung von Amerikas Gnaden. Schon vorher war das Land in den Vietnamkrieg hineingezogen worden, weil der Ho Chi Minh-Pfad des Vietcong durch Kambodscha führte und das Land daher ebenfalls von den Amerikanern bombardiert wurde (zuerst nach dem „“Ooops-Prinzip“: dumm gelaufen, war neben der Grenze, aber selbstverständlich nur ein Versehen; später unter der neuen Regierung offiziell und mit dem Segen der Regierung gegen finanzielle Unterstützung der Amerikaner). Das führte nicht nur zu vielen Toten und Verletzten, sondern auch zu einer Flucht der Landbevölkerung in die Städte und zum Anstieg der Armut. Die Khmer Rouge verbündeten sich damals mit dem König im Exil und liessen sich von Nordvietnam unterstützen und ausbilden, während das offizielle Kambodscha ein Bündnis mit den USA und Südvietnam einging. Man spricht vom ersten Bürgerkrieg. Nachdem sie die Vietcong nicht mehr brauchten, haben sich die Khmer Rouge von den Nordvietnamesen gelöst und diese aus Kambodscha vertrieben.

Als Phnom Penh im April 1975 von den Khmer Rouge eingenommen wurde, wurden diese frenetisch begrüsst. Man sah das Ende des Bürgerkriegs gekommen und feierte auch die Vertreibung der verhassten Vietnamesen und Amerikaner. Doch noch am selben Tag haben die Khmer Rouge mit der Umsetzung von Pol Pots Vision begonnen und angefangen, die Bevölkerung aus den Städten zu vertreiben. Nach 3d soll Phnom Penh vollkommen menschenleer gewesen sein – man muss sich das einmal vorstellen, eine Millionenstadt ist zur Geisterstadt geworden und ein ganzes Volk unterwegs durchs gesamte Land, hauptsächlich zu Fuss resp. spätestens, nachdem ihnen das Benzin ausgegangen war, alle, denn Tankstellen gab es keine mehr, genausowenig wie Schulen oder Krankenhäuser, Läden oder Dienstleistungsbetriebe – ein Bauernstaat braucht das nicht. Danach kamen die Hungersnot, die Vernichtung aller „Feinde“ und Pol Pots Paranoia.  In Choeung Ek (Killing Field) sprechen sie von 3 Mio. Toten, die Pol Pot geschuldet sind. Der Westen ist mit seinen Schätzungen etwas zurückhaltender, es dürften jedoch mehr als 1/4 der damaligen Bevölkerung gewesen sein und das in knapp 4j! Verstorben infolge Hunger, Krankheit, Folter oder Exekution. Exekutiert wurden die Feinde des Staates, dazu gehörten sämtliche Intellektuelle, insbesondere Lehrer (man bedenke, Pol Pot selber war einst Lehrer – erinnert ein wenig an Hitler und seine Arier, denen er selber ja absolut aus dem Gesicht geschnitten war), Angehörige der vorherigen Regierung inkl. sämtlicher Staatsangestellten, Krankenschwestern und Ärzte, Menschen, die Fremdsprachen beherrschten oder die aus anderen Gründen der Spionage für CIA oder KGB verdächtigt wurden, sowie natürlich alle, die bezichtigt wurden, gegen die Khmer Rouge zu sein. Die Vernichtung durch Hunger muss offenbar ebenfalls gewollt gewesen sein. Es sind Aussagen von Khmer Rouge-Kadern überliefert, wonach Kambodscha nur 1 Mio. Einwohner benötige (1975 hatte das Land 7 Mio. Einwohner).

Die Gesellschaft wurde zu einer klassenlosen Gesellschaft mit 3 Klassen: den Khmer Rouge als oberste Schicht, den Basisleuten – Bauern, die bereits vor April 1975 Bauern waren – und den ehemaligen Stadtmenschen, den „17. April-Menschen“, die aufs Land vertrieben worden waren und dort zuerst unter den Basisleuten später unter der Herrschaft der Soldaten (Khmer Rouge) am meisten zu leiden hatten. Es gab weder Post noch Telekommunikation geschweige denn TV oder Radio, die Dörfer waren vollkommen abgeschnitten vom Rest der Welt, des Landes, anderen Dörfern und Freundschaften gab es zumindest unter den 3.-Klassemenschen keine mehr. Wie eine Zeitzeugin so schön sagte: alle hatten ihre Geheimnisse und aus Angst, sich zu verplappern, hat man lieber erst gar nicht mit jemandem gesprochen. Auch waren Gespräche während der Arbeit nicht geduldet, man hatte zu arbeiten. Später wurden selbst die Kinder angehalten, ihre Eltern (auch Basisleute) zu bespitzeln und zu verraten – dies mit Hilfe von speziellen Kinder-Lagern, in denen die Kinder auf Angkar (=Organisation, die neue Regierung) gedrillt wurden – Gehirnwäsche pur. Besitz war absolut verboten, jeder hatte nicht mehr als seine „Uniform“, eine Essensschüssel und Besteck. Individualität wurde komplett ausgelöscht. Alle mussten die gleiche Kleidung und die gleiche Frisur tragen, die alten Kleider wurden verbrannt, genauso wie Bücher, weiterer Besitz musste an den Angkar abgegeben werden (und verschwand entweder bei den Basisleuten, den Soldaten oder wurde zum Kauf von Waffen verwendet). Das Geld wurde abgeschafft und Tauschhandel war verboten.

Ganz Kommunismus gehörte alles allen und keiner durfte sich – theoretisch – etwas herausnehmen. Wer dabei erwischt wurde, etwas Anderes zu essen als die zugeteilten Essensrationen (oft nur eine Schüssel dünne Reissuppe pro Tag), wurde schwer bestraft. In Wahrheit wurden die Agrarerzeugnisse benötigt, um Kredite an China zurückzuzahlen und insbesondere Waffen zu kaufen, für einen Krieg gegen Vietnam und Thailand, den die Khmer Rouge immer wieder provozierten, mit dem Ziel, ehemals kambodschanische Gebiete zurückzuerobern (was ihnen letztlich zum Verhängnis wurde). Zusammen mit Misswirtschaft und Missernten der Hautpgrund für die Hungersnöte der Bevölkerung. Was für eine Folter muss es sein, den ganzen Tag als Bauer zu schuften und Nahrung zu ziehen, ganze Reis- oder Maisfelder vor der Nase zu haben, während man dabei ist zu verhungern.

Da die Khmer Rouge immer wieder vietnamesische Dörfer angegriffen und geplündert und gemordet haben, sind die Vietnamesen schliesslich im Januar 1979 in Kambodscha einmarschiert und haben die Khmer Rouge (in die Dschungel) vertrieben.  Das Elend für die Bevölkerung war damit aber noch lange nicht vorbei.  Pol Pots Terror war zwar eliminiert, Armut und Hunger jedoch blieben. Und die Kriege gingen weiter. Es folgten ein zweiter und ein dritter Bürgerkrieg – eigentliche Stellvertreterkriege zwischen USA, UdSSR und China. Erst ab dem Jahr 1998 begann sich langsam, eine Normalität zu etablieren. Es ist auch das Todesjahr Pol Pots, der zwar Jahre zuvor in Abwesenheit verurteilt worden war, doch bis zuletzt in Freiheit gelebt hat. Seine genauen Todesumstände sind unklar. Weitere Angkar-Führer sind seit 2007 in Haft und stehen heute vor Gericht. Gerade einmal einer ist geständig und hat seine Verantwortung anerkannt.

Beim Lesen über Kambodscha fühlte ich mich oft an Nordkorea erinnert. So viele „Bilder“ stimmen mit dem Wenigen überein, was ich über Nordkorea weiss oder davon gesehen habe. Und ich frage mich, ob wohl wiederum vor den Augen der gesamten Welt das Gleiche abgeht und niemand es bemerkt (nun ja „niemand es bemerkt“ ist vermutlich nicht ganz korrekt formuliert!). Die Mordmaschinerie in Nordkorea kann allerdings nicht ganz so effzient wie diejenige der Khmer Rouge sein, ansonsten würden in Nordkorea längst keine Menschen mehr leben.  Auch war Pol Pot wohl nicht ganz so dekadent wie der gute Kim Sowieso, er war den Kambodschanern noch nicht einmal bekannt während seiner Herrschaft (aus Angst vor Anschlägen ist er nie in Erscheinung getreten, das Land wurde offziell von Angkar regiert). Oder vielleicht sollte man es anders formulieren. Ohne die Vietnamesen wäre Kambodscha heute vielleicht ein zweites Nordkorea. Nach so vielen Jahren der gleichen Diktatur ist es vermutlich nicht mehr notwendig, Massen an „Staatsfeinden“ zu eliminieren, die Menschen sind nun getrimmt und parieren, das Staatsoberhaupt muss sich nicht mehr verstecken.

Ich hatte hier wohl den emotionalsten Start in einem Land seit ich losgezogen bin, die Welt zu sehen. Angekommen am Abend des 30. Dezember 2015 hatte ich zuerst kein sonderlich gutes Gefühl zu diesem Phnom Penh. Der Bus hielt an, wir sind ausgestiegen und hatten natürlich keinen Plan, wo wir waren. Auch wurden wir zugleich von Tuk Tuk-Fahrern belagert, der Kampf hatte also schon begonnen. Dann wollte ich mir Geld besorgen und bin völlig überfordert mit einer 100-Dollar-Note zurückgekommen, irritiert, dass der ATM in Kambodscha Dollars ausspukt und vor allem entsetzt über diese grosse Note. Ich weiss nicht, wie es heute ist, aber früher bist du in den Staaten kaum eine 20-Dollar-Note losgeworden – ich wusste nicht einmal, dass es Noten über 100 Dollar gibt! Und hier, wo alles nichts kostet, wie sollte ich da mit so einer Note bezahlen? Die Banken hatten bereits geschlossen, wechseln war also auch nicht. Zum Glück war ich nicht allein. Man hatte im Bus eine Chilenin neben mich gesetzt und wir haben uns von Beginn weg gut verstanden und sind dann auch gemeinsam weiter gezogen. (Das Dollar-Problem hat sich letztlich einfach gelöst, als ich im Hotel aufgefordert wurde, meinen Aufenthalt gleich im Voraus zu bezahlen. Mit Freuden habe ich dem Receptionisten dabei meine 100-Dollar-Note in die Hand gedrückt ?.)

Am nächsten Tag habe ich zuerst einmal ausgiebig ausgeschlafen, am Nachmittag die nähere Umgebung meines Hotels etwas erkundet, mich mit dem Jahreswechsel befasst und es auf jeden Fall einfach gemütlich genommen. Am Abend habe ich meine neue Freundin wieder getroffen und wir haben uns ein richtig gutes Essen genehmigt. Anschliessend – es war bereits nach 23 Uhr – haben wir uns aufgemacht zum „Pendant der Zürcher Silvesterparty“. Sie haben hier zwar keinen See, aber mehrere Flüsse. Etwas weg vom Fluss gibt es einen Park. Hier war eine riesige Bühne aufgestellt auf der geredet, gesungen und Musik gespielt wurde. Verstanden haben wir natürlich nichts, aber es war Feststimmung – und das alles bei sommerlichen Temperaturen! Die Musik war ein Gemisch bzw. eine Abfolge von Rap, Lambada, kambodschanischem Pop und zuletzt klang es schwer nach Folklore. Wir haben kaum andere Touristen gesehen und die Kambodschaner schienen auch äusserst belustigt über die zwei weissen Frauen, die sich da unter ihnen tummelten. Es gab ebenfalls ein Feuerwerk am Fluss. Davon haben wir hinter den Häusern jedoch nicht so viel gesehen. Es dauerte allerdings im besten Fall auch nur 5min. Zwischen 0.30 und 1.00 Uhr war dann bereits Schluss, was daran liegen mag, dass der 1. Januar hier lange nicht für alle ein freier Tag ist. Und so machten wir uns auf den Weg Richtung unsere Hotels oder wir versuchten es zumindest. Verkehrsmässig ist diese Stadt meist unglaublich „friedlich“. Trotz Unmengen von Tuk Tuks und Mopeds sind die Strassen nur selten verstopft. Man kann diese eigentlich immer problemlos überqueren. Die Ausnahme bestätigt die Regel und so eine Ausnahme ergab sich anschliessend an die Silvesterparty. Es ging gar nichts mehr, Verkehrschaos pur und wir als Fussgänger mittendrin. Die Asiaten sind ja Meister darin, immer noch einen Spalt, eine kleine Lücke zu finden, wo sie sich mit ihrem Tuk Tuk oder Moped durchzwängen können und genauso haben wir es auch gemacht. Wir haben uns durch einen riesen Pulk an Mopeds und Tuk Tuks durchgeschlängelt als wären es Menschen und keine fahrenden Vehikel. Es war ein riesen Spass! So etwas wäre zu Hause schlichtweg nicht möglich, jedenfalls nicht auf diese Art, weil die Motorisierten bei uns jeweils alle in die gleiche Richtung fahren. Aber hier gibt es keine Regeln, die standen alle kreuz und quer, wodurch sich die Lücken für uns ergeben haben. Man stelle sich einen 6-spurigen Highway in der Rushhour vor und mitten drin Fussgänger, die auch noch „mitspielen“ und das Chaos noch etwas grösser machen. Ich habe mich wirklich köstlich amüsiert!!! Angekommen beim Fluss war der Weg für die Fussgänger schliesslich frei und wir kamen flott vorwärts. Haben uns in der Nähe unserer Hotels noch einen Drink und eine Pizza genehmigt und sind so gegen 3 Uhr schliesslich ins Hotel. Wider erwarten war es ein wirklich gelungener Jahreswechsel! Komplett aufgedreht war natürlich noch nichts mit Schlafen. Und so wurde es eine kurze Nacht, denn bereits um 10 Uhr hiess es wieder aufstehen. Wir wollten uns die Killing Fields und den Königspalast ansehen.

Leider haben wir es dann doch etwas zu gemütlich genommen oder den Zeitbedarf des Killing Field-Museums unterschätzt. Ich oder wir hatten auch nicht wirklich eine Ahnung, was uns da erwartet. Ich dachte, das sei einfach eine grüne Wiese und ein Museumsgebäude. Ein riesiger grüner Park trifft es eher, den man mit einem Audioguide abschreitet. Und es gibt viel zu hören, denn es wird einem die ganze „Geschichte“ der Khmer Rouge erzählt. Man hat bis anhin 300 solcher Killing Fields im ganzen Land gefunden. Das grösste ist das Choeung Ek, das heute eine Gedenkstätte und ein Museum ist. 450’000 Leichen hat man hier geborgen. Entdeckt wurden sie, weil der Boden durch die Verwesungsgase aufgebrochen ist. Bis heute bringt die Regenzeit noch Kleidungsfetzen und Gebeine an die Oberfläche, die regelmässig eingesammelt werden, im Aufbewahrungsort jedoch keinen Platz mehr finden. Zu Beginn der Khmer Rouge-Zeit kamen etwa 3x/Monat Lastwagen, die ihre lebende Fracht abgeliefert haben, zum Schluss kamen sie täglich und die Soldaten kamen nicht mehr nach mit dem Töten, so dass die Gefangenen Stunden in Baracken ausharren mussten, dies bei kommunistischen Gesängen aus Lautsprechern, die die Schreie übertönen sollten. Erschiessungen waren Pol Pot zu teuer (Munition kostet). Die Tötungsinstrumente sind ausgestellt – nicht unbedingt die üblichen Hilfsmittel, wie man sie kennt und einfach nur unglaublich grausam. Man weiss auch, dass lange nicht alle tot waren, als sie in der ausgehobenen Grube lagen. Zu Beginn wurde deshalb ein Gift auf die Körper verteilt. Im Laufe der Zeit ist das jedoch ebenfalls ausgegangen. Meist wurde die gesamte Familie eines „Dissidenten“ exekutiert, unabhängig vom Alter, um die „schlechte Saat“ komplett auszumerzen. Etwas vom Schlimmsten ist denn auch der „Killing Tree“, an welchem Babies zerschmettert wurden. Man stelle sich vor, wie ein nichtsahnender Mensch an diesen Baum kommt, dessen Stamm voller Blut ist und noch etwas Anderem (das sich als Gehirnmasse herausgestellt hat – ich gehe jedoch davon aus, dass ein nicht-Mediziner dies nicht erkannt hat) und sich fragt, woher das kommt und wie unglaublich der Schock gewesen sein muss, als klar wurde, wie sich das ergeben hat.

Ich könnte Euch noch so viel mehr erzählen. 4 Jahre Pol Pot beinhalten derart viele grausame Details, sie könnten ein ganzes Buch füllen (resp. tun sie auch). Er stellt Vorgänger wie Hitler oder Stalin in den Schatten und seine Effizienz vermutlich alles, was bis heute dagewesen ist (vielleicht abgesehen von Atombomben). Was meinen Verstand in solchen Fällen immer wieder übersteigt, ist die Frage, wie Menschen derart grausam sein können. Und damit meine ich nicht Pol Pot, denn er war letztlich nicht der Ausführende, „nur“ der Auftrageber (mit definitiv einer absoluten Fehlfunktion im Gehirn). Menschen zu exekutieren ist das Eine, es jedoch auf derart grausame Art und Weise zu tun, noch einmal etwas Anderes. Menschen massenhaft (dafür braucht es zig Folterknechte) zu foltern oder zuzuschauen, wie sie verhungern, muss doch einen ungemeinen Hass auf die Opfer beinhalten. Diese Ausführenden hatten mit Sicherheit nicht alle einen Knall. Viele hatten selber Angst, das erklärt mir aber noch immer nicht die brutale und grausame Vorgehensweise. Viele der Soldaten waren zudem im Kindes- oder Jugendalter und bereits seit jungen Jahren (Kriegswaisen) auf die Khmer Rouge gedrillt – womöglich hielten sie das alles für normal, weil sie es nie anders kannten? Wäre jeder von uns zu solchen Grausamkeiten fähig, wenn nur die Umstände entsprechend wären?

Was alle diese Diktatoren gemeinsam zu haben scheinen, ist die penible „Buchführung“, die ihnen letztlich nicht selten zum Verhängnis wird. Das Tuol Sleng – S21-Gefängnis wird diesbezüglich mit Ausschwitz verglichen. Sämtliche ankommenden Gefangenen wurden ausführlich registriert (die „Verbrecher-Fotos“, wie wir sie aus amerikanischen Filmen kennen, sind heute ausgestellt), sämtliche Verhöre protokolliert, obwohl diese eigentlich eine reine Farce waren. Das einzige Ziel war, Pol Pots Begründung, weshalb sein Plan nicht funktionierte, zu bestätigen. All diese Akten sind noch vorhanden, die Khmer Rouge hatten keine Zeit mehr, sie zu vernichten. Eine minimale Genugtuung für die Betroffenen, nachdem zuerst (Ende der 70er-Jahre bis längstens 1984) behauptet wurde, die gemeldeten Grausamkeiten seien nicht wahr und vollkommen übertrieben.

Der anschliessende Besuch des Palasts war aus meiner Sicht eher ein Reinfall. Einerseits war die Zeit etwas knapp, andererseits kann man gar nicht so viel besichtigen, weil das Ding noch bewohnt ist. Und das Timing war vermutlich auch nicht so ideal. Nach den Killing Fields ein derartiger Prunk verträgt sich nicht sonderlich gut. Unser Guide hat denn auch viel lieber über Beatocello gesprochen als über den König. Offensichtlich hält er von dem nicht sonderlich viel. Etwas, was sich in der Zwischenzeit bestätigte oder wiederholte. Die (gebildeteren) Kambodschaner haben weder von ihrem König noch von ihrer Regierung eine hohe Meinung. Sie sind auch überzeugt, dass bei den Wahlen getrickst wird, was mich nicht wirklich überraschen würde. Wo kommt das schon nicht vor?

Interessant fand ich jedoch, dass ein Palastangestellter derart offen über seine Antipathien spricht. In Thailand könnte es „brenzlig“ werden, wenn man etwas gegen den König sagt. Somit scheint hier doch eine gewisse Art „Redefreiheit“ vorhanden zu sein. Womöglich ja ein guter Anfang….

 

Ho Chi Minh City, VIE – By by Saigon

Mittlerweile bin ich ja eigentlich schon eine Station weiter und rückblickend verfestigt sich mein Gefühl, dass HCMC wohl nicht so meine Stadt ist. Es fehlt ihr ein wenig der vietnamesische Charme, zu viel erinnert an den Westen, auch wenn es äusserlich sehr vietnamesisch ist – eine Kombination weniger nach meinem Geschmack. Statt vieler Worte pick ich dazu die Hotelbewertungen als Bsp. heraus: Bei der ersten Hotelsuche in Vietnam (sowie auch nachfolgend) ist mir ins Auge gesprungen, dass das Hotelpersonal überall ausserordentlich gelobt wurde. Es war dermassen auffallend, dass es mich schon beinahe etwas irritiert hat, mittlerweile muss ich aber selber zugeben, dass die Betreuung effektiv aus dem Rahmen fällt, im positiven Sinne. Die Angestellten sind so bemüht und herzlich, aber doch niemals aufdringlich oder bemutternd unangenehm, ich habe so etwas noch selten in Hotels erlebt. Bei den HCMC-Hotels fiel dagegen auf, dass insbesondere das Personal mehrheitlich schlechte Bewertungen bekam, auch wenn das Hotel ansonsten gerühmt wurde und auch das kann ich unterschreiben. Sie sind auffällig bemüht darin, alles zu tun, um nicht arbeiten zu müssen. Hast du ein Anliegen, musst du dich schon lautstark bemerkbar machen – nach den zuvor gemachten Erfahrungen gleich doppelt mühsam. Auch sprechen sie kaum englisch, wobei nicht so ganz klar wird, ob sie nicht wollen oder wirklich nicht können. Eine solche Dienstleistungshaltung ist mir doch aus meiner Heimat ziemlich vertraut, passt aber so gar nicht zu den Vietnamesen, hat man seine Vietnam-Reise nicht in HCMC begonnen…. Man könnte vielleicht auch einfach sagen, der Norden Vietnams hat mich verwöhnt und im Süden musste ich mich wieder an die Normalität gewöhnen.? Und dafür muss ich ja eigentlich nicht herumreisen….

Seit ich vor ….. Jahren (es sind viele, meine französische Filmphase ist nämlich längst vorbei) den Film „Indochine“ gesehen habe, war ich auf gewisse Weise von Vietnam bzw. zumindest dessen Geschichte fasziniert. Zu einem Teil lag das bestimmt daran, dass für einmal nicht die Engländer die Kolonialherren waren – davor dachte ich, nach dem Verlust von Canada/USA hätten die Franzosen nur noch „uninteressante“ afrikanische Kolonien gehabt (Sorry, aber ich hab’s einfach nicht so mit Afrika) und war deshalb nur schon überrascht darüber, dass sich in Asien zwischen den englischen Kolonien auch noch französische getummelt haben (und wie schon angedeutet, ich hatte damals gerade eine Art „französische Phase“). Verstärkt wurde das Interesse oder die Faszination etwas später durch den Film „Platoon“. Es hat aber nie gereicht, um mich wirklich intensiv mit der Geschichte Vietnams zu beschäftigen – nun ja, damals gab es auch noch kein Internet für uns Normalsterbliche und es war noch nicht so einfach, sich schlau zu machen wie heute. Mittlerweile habe ich viel zu den letzten 100 Jahren vietnamesischer Geschichte gelesen und bin einmal mehr empört über den Westen – wehe wenn das einmal auf uns zurückkommt, dann möchte ich nicht im Westen zu Hause sein!

Nachdem ich längst beschlossen hatte, noch einmal nach Vietnam zurückzukehren und schon genug genervt war davon, mir ein Dach über dem Kopf zu organisieren, habe ich für die relativ lange Zeit, die ich in dieser Stadt verbracht habe, relativ wenig unternommen. Es gäbe ja viele Möglichkeiten, insbesondere wenn man die nähere Umgebung mit einbezieht (im letzten Blog bereits aufgezeigt), vielleicht hat mich die Qual der Wahl auch einfach etwas überfordert zusammen mit dem Energiemangel, von dem ich immer noch nicht weiss, wem oder was genau er geschuldet ist. Ich hatte ja auch eine Menge „nachzuschreiben“ (und bin bereits wieder in Verzug) und schliesslich habe ich auch die Zeit, mir immer wieder mal viel Zeit zu lassen und es einfach gemütlich zu nehmen.?

Gegen Ende des Jahres und meines Aufenthalts in HCMC habe ich mir dann aber doch noch die beiden Dinge angeschaut, die ich eigentlich schon ganz am Anfang machen wollte:

das Kriegsrelikte-Museum (früher: Museum der amerikanischen und chinesischen Kriegsverbrechen – sagt eigentlich alles, oder?)  Es hat mich denn auch ziemlich überrascht, dass Eltern hier mit ihren kleinen Kindern aufgekreuzt sind. Natürlich darf ich nicht davon ausgehen, dass alle sich im Voraus informieren, aber irgendwoher wird man doch wissen, was man sich anschauen will, oder nicht? Nun, die Vietnamesen sind doch so schlau und haben vorgesorgt, es gibt einen betreuten Spielraum, in dem man seine Kinder abgeben kann. Viele haben sich jedoch die Ausstellung angeschaut und werden wohl noch einige Zeit davon träumen, selbst wenn sie die Erklärungen noch nicht lesen können. Es geht wirklich unter die Haut. Etwas schade ist, dass es eine einseitige Sache ist, denn die Verbrechen des Vietcong sind nicht erwähnt und auch wenn ich immer weniger (sofern denn weniger überhaupt noch geht) von den Amerikanern halte, wird nicht alles falsch sein, was sie in ihrer filmischen Aufarbeitung so zeigen. Zumal man ihnen doch zu Gute halten kann, dass sie mit der Zeit objektiver geworden sind.

Neben Bildern und Relikten aus dem Krieg selber, gibt es auch eine grosse Ausstellung zu den Kriegsfolgen – Stichwort Agent Orange – und ein weiterer Raum ist den Kriegsreportern gewidmet, von denen viele nicht überlebt haben. Einige sind bis heute verschollen, darunter sogar ein Schweizer und man vermutet, dass sie in Kambodscha den Khmer Rouge zum Opfer gefallen sind (einige dieser Reporter wurden unter den Opfern der Killing Fields identifiziert oder sind in den Aufzeichnungen der Khmer Rouge wieder aufgetaucht).

Ich habe hier nur zurückhaltend Fotos gemacht – wer will solche Bilder schon bei sich verewigen? Insbesondere die Agent Orange-Opfer, die mir die Erinnerungen an Mengeles Versuchslabors hochkommen liessen, habe ich komplett weggelassen. Sie wirken schon beinahe wie Fotomontagen, auch wenn ich mir sicher bin, dass es keine sind. Ich weiss nicht, ob es eine richtige oder eine pietätlose Aktion wäre, diese Bilder weiter zu tragen. Übrigens sind auch Nachkommen der amerikanischen GI’s davon betroffen. Der Grund, weshalb den amerikanischen Kriegsveteranen von amerikanischen Gerichten Entschädigungen zugesprochen wurden – seltsamerweise finden die gleichen Gerichte aber immer wieder Begründungen, warum die zuvor erwähnten Begründungen für die vietnamesischen Opfer nicht gelten…. Soll mir einer die Logik der Justiz erklären! Kein Wunder, hatte ich in Jus immer so schlechte Noten.

Vor und nach Agent Orange








Der Wiedervereinigungspalast, früher Unabhängigkeitspalast und ehemaliger (Wohn-)Sitz der südvietnamesischen Regierung. Die Durchbrechung dessen Tore Ende April 1975 gilt als Symbol für das Ende des Krieges zwischen Nord- und Südvietnam (damals hatten sich die Amerikaner bereits aus dem Krieg zurückgezogen – und siehe da, sie haben nichts gelernt, machen die gleichen Fehler immer und immer wieder, wenn es auch damals nicht zu einer ISIS geführt und den Westen damit nicht (so ganz) tangiert hat. Aber wenn man aus seinen Fehlern nicht lernt, wird es halt meist jedes Mal ein bisschen schlimmer….)

An meinem Besichtigungstag fand gerade ein Kongress statt im Palast. Dies war jedoch kein Hinderungsgrund, die Touristen nicht einzulassen. Wir hätten uns denn wunderbar unter die Teilnehmer mischen und uns genüsslich am Bankett verköstigen können – eine etwas verwirrende Erfahrung. Vor allem auch deshalb, weil es zu Beginn recht schwierig war, seinen Weg durch das Gewusel zu finden. Die meisten Treppen schienen abgesperrt und ich hatte mich bereits gefragt, ob man wohl wirklich nur den Eingangsbereich des Palasts besichtigen könne. in den versteckten Seitenbereichen haben sich dann aber doch noch Treppen nach oben gefunden.

Die Blumen beim Eingang standen im Zusammenhang mit dem erwähnten Anlass (was ich jedoch erst später herausgefunden habe)

Das symbolträchtige Eingangstor 

Von vorn
Von hinten
Die linke Seite


Das Innere, unter anderem ein Kino, ein Spielzimmer, eine Bibliothek, Representationsräume (davon einen eigenen nur für die Empfänge von Botschaftern)….. Insgesamt etwa 100 Räume, von denen jedoch nur ein kleiner Teil besichtigt werden kann


Der Botschafterraum

Das Kino (unschwer zu erkennen)

Das Spielzimmer

Die Aussicht

Ohne Worte….

Definitiv die schönere Elefantenvariante…

…und noch etwas Info


Leider waren einige Bereiche des Palasts aufgrund von Restaurierungen nicht zugänglich. Diese sollten bis zum 28.12.2015 andauern – ich war am 29.12. da ? und musste schmunzeln. Womöglich haben die Rumänen wirklich Recht oder man hatte sich vielleicht in der Jahreszahl vertan? Nun, es ist wohl etwas gar kleinlich, in einem Tag Verspätung einen Fehler zu sehen, geärgert hat es mich trotzdem, dass ich ausgerechnet den Bunker nicht besichtigen konnte. Sie hätten die Zeitangaben doch einfach weglassen können….

Man könnte also tatsächlich zum Schluss kommen, dass mein Timing für Saigon das Falsche und es vermutlich die richtige Entscheidung war, meinen Vietnam-Aufenthalt etwas abzukürzen bzw. dieses „kostbare“ Visum nicht voll und ganz auszunutzen. Der Tag nach dem Besuch im Palast war mein Abreisetag. Den 30.12.2015 habe ich somit grösstenteils in einem Bus verbracht, der nicht so ganz den Anpreisungen im Internet entsprach. Es gab weder eine Toilette noch wifi an Bord und das Gefährt war relativ alt, die Fahrt jedoch teurer als bei der Konkurrenz…. So kann’s einem gehen, wenn man nicht bereit ist, morgens zwischen 6 und 7 Uhr loszufahren! Ich muss allerdings erwähnen, dass die Toiletten praktisch bei allen Busfahrten hier nicht genutzt werden dürfen (des Gestanks wegen) und es dafür regelmässige Stopps gibt – eine absolut akzeptable Alternative. Und wifi habe ich auch nicht wirklich vermisst, da ich den grössten Teil der Fahrt verschlafen habe. Genervt hat mich denn auch nur, dass ich für diesen „Luxus“ bezahlt habe. Allgemein komme ich immer mehr zum Schluss, dass die billigste Variante auch die ökonomiste ist. Da kannst du nicht Gefahr laufen, für etwas zu bezahlen, das du dann doch nicht erhältst, das Minimum wird immer geboten, Preis-/Leistungsverhältnis korrekt, Erwartungen erfüllt. Wieder etwas gelernt….

 

Ho Chi Minh City, VIE – gequält

Kleiner Einschub als allgemeine Info: Ihr habt ja keine Ahnung, wie obermühsam es ist, Fotos hier reinzukriegen! ?  Ich könnte nun ein Crowdfunding starten, um mir eine akzeptable Bearbeitungssoftware zu besorgen (diese Gratissoftware ist echt kacke – ob die gekauften allerdings besser sind….?), stattdessen sag ich einfach: Ihr könnt mich alle mal! Wenn Ihr Bilder wollt, fahrt selber hin oder geht googeln….

 
Die erste halbe Stunde Taxifahrt vom Flughafen zum Hotel war überwältigend! Es war bereits dunkel und überall hat’s nur so geblinkt und geleuchtet von all den Werbetafeln, so richtig westliches Grossstadtflair. Daneben brausten Massen an Mopeds an einem vorbei, viele besetzt mit 4 Personen, zwei halben und zwei Elternteilen (wie ich zumindest annehme). Grosszügig beladene Mopeds hatte ich schon viele gesehen, seit ich asiatischen Boden betreten habe, jedoch noch nie mit so vielen Personen. Auch an einer Marie Curie-Schule sind wir vorbeigekommen, worüber ich zuerst etwas verwundert war, bis mir einfiel, dass es hier ja einst französisch war. Habe ich in Ha Noi grosse breite Highways nur im „Niemandsland“ gesehen, finden sich diese in HCMC auch mitten in der Stadt, wie wir es von Grossstädten bspw. in den USA gewohnt sind.

So hatte ich denn zu Beginn das Gefühl, im Westen gelandet zu sein. Bei der Ankunft im Hotel wurde ich jedoch rasch nach Vietnam zurück katapultiert. Sofort erkannte man wieder diese unglaublich schmalen Häuser (hat etwas mit den Steuern zu tun, dass die Häuser in Vietnam sehr schmal, nach hinten, weg von der Strasse, sehr lang und mittlerweile teilweise auch sehr hoch gebaut sind – der Grund, weshalb viele Hotelzimmer hier keine Fenster haben, da sich ein Haus ans andere reiht und so nur ganz wenig Hauswand überhaupt Platz für ein Fenster lässt, nämlich die zur Strasse und diejenige hinten hinaus). Ein weiteres „Indiz“ für westlich: der Boden ist offenbar noch teurer als in Ha Noi, die Hotelzimmer kosten nämlich mehr und sind kleiner. So ein kleines Kabäuschen wie hier, hatte ich bis jetzt noch keines und so viel bezahlt habe ich auch noch nicht.?  Und es ist wiederum laut, sehr laut. Nun, ich bin mitten im Backpacker-Viertel gelandet, da darf man sich wohl nicht wundern.

Hungrig bin ich gleich nach dem Einchecken los und in der Umgebung herumgeschweift, um mich bald darauf an einem ansprechenden Plätzchen niederzulassen. Und da habe ich eine Premiere erlebt: so ziemlich alles, was ich bestellen wollte (von der Karte wohlverstanden!), war gerade ausgegangen… Und obwohl ich aus einer Eingebung heraus zuerst gefragt hatte, ob man auch essen könne, musste ich dann erfahren, dass sie gerade kein Essen servieren, weil sie z. Zt. zu wenig Personal haben. Ich solle es doch in einer Woche wieder versuchen…. Der Geschäftsführer hat sich dann jedoch meiner erbarmt und mir eine Pho von irgend einem Stand in der Umgebung gebracht und eine Wasserflasche hat sich schliesslich auch noch aufgetrieben. Nach einer knappen Stunde befand ich mich dann seit langem wieder einmal in einer mir von zu Hause bekannten Situation: ich war der letzte Gast.

Ich weiss nicht, ob es an diesem Fehlstart lag oder an den bevorstehenden Weihnachtstagen, die mir ebenfalls das Leben schwer zu machen schienen (schwierig, kurzfristig eine vernünftige Unterkunft zu finden!) oder einfach an dieser Stadt, jedenfalls hat sich mein Enthusiasmus zu HCMC relativ schnell gelegt. Mir fehlt hier jegliche Energie und vor dem Mittag ist an Aufstehen schon gar nicht zu denken – nicht unbedingt etwas Neues für mich, aber in den letzten Wochen kam ich doch mit weniger Schlaf aus – womöglich liege ich auch einfach auf einer Wasserader ?. Zudem kann ich mich überhaupt nicht entscheiden, was ich will und was ich soll und überhaupt und verbringe Stunden damit, mich mit Informationen zu füttern und nach Unterkünften für die nächsten Tage zu suchen. Soll ich an einen Strand in Mui Ne oder Vung Tau ausweichen, ins Mekong-Delta gehen, in HCMC bleiben, nach Kuala Lumpur oder Phnom Penh abdüsen…..???

Ich weiss echt nicht, was die Vietnamesen mit ihren Böden haben. Bereits in Ha Noi ist mir aufgefallen, dass sie ständig damit beschäftigt sind, ihre Trottoirs zu wischen. Im Hinblick darauf, dass dies ja ihr Essplatz ist, konnte ich das noch irgendwie nachvollziehen. Nachdem ich jedoch mittlerweile weiss, wie „ergiebig“ dieses Reinemachen ist, kann ich darüber nur noch den Kopf schütteln. Und in den Restaurants hier artet dies schon beinahe in Belästigung aus. Ständig putzt irgendjemand um einen herum den Boden (nun nass) und es wird keine Rücksicht darauf genommen, wenn ein Gast „im Weg sitzt“ – da kann dich schon ‚mal ein herumschwingender Ellbogen boxen. Es grenzt auch an ein Wunder, dass mein Rucksack (der auf dem Boden steht) nicht auch „gereinigt“ wurde und meine Füsse bis anhin trocken geblieben sind. Sauber ist es dennoch nicht…. Total verschwendete Energie!

Ein Novum in Vietnam (für mich) sind die Bettler. Nur selten im klassischen Sinn, wie man sie in Indien an jeder Strassenecke trifft, meistens verkaufen sie irgendetwas (Lose?). Dabei handelt es sich vermutlich um Kriegsversehrte resp. (im Hinblick auf das Alter) „Agent Orange-Betroffene“ (auf gut deutsch „Krüppel“). Eine weitere Variante sind Mütter mit Babies oder behinderten Kindern im Rollstuhl oder Kinder, die etwas verkaufen oder Feuerspucker-Darbietungen geben. Sitzt man am Rand zur Strasse in einem Café, wird man zudem alle 5min von irgendeinem Händler (inkl. der zuvor genannten Bettler) angesprochen. Dabei zeigen sie eine unheimliche Ausdauer. Derselbe Verkäufer kann im Laufe eines Nachmittags 15x an dir vorbeigehen und dich immer wieder aufs Neue fragen – es könnte ja sein, ich hätte meine Meinung geändert. Soweit es Zigaretten anbelangt, ist dieser „delivery-Service“ ja ganz bequem, habe sogar bereits meine „Stammdealerin“ ?  (und mittlerweile herausgefunden, dass sie im Laden günstiger sind, doch beim Preis von $1 pro Schachtel ist das ziemlich egal ?). Und auch hier (oder vermutlich gerade hier), bist du als Raucherin automatisch eine potentielle Kifferin. Sobald der Zigaretten-Deal über die Bühne ist, folgt immer auch noch die Frage nach Marihuana, immer. In Ha Noi waren die Händler nicht so aufdringlich. Niemals wurde ich in einem Restaurant angesprochen, nur auf der Strasse und nie von Kindern.

Ebenfalls etwas überraschend ist für mich, dass die Englischkenntnisse des Personals im Tourismusbereich hier ziemlich lausig sind. Im Vergleich zu Ha Noi gleich null und dabei hätte ich es genau umgekehrt erwartet. So musst du schon ‚mal damit rechnen, dass du etwas Anderes serviert bekommst als du bestellt hast…. Wohl auch wieder ein Zeichen für mehr „Westen“ bzw. mehr Wohlstand. Die besser Qualifizierten haben hier vermutlich bessere Möglichkeiten als den Tourismus – bei uns ist es ja mittlerweile auch keine Selbstverständlichkeit mehr, dass das Gastgewerbepersonal deutsch spricht… Hier sprechen sie zumindest noch die Landessprache (jedenfalls nehme ich das an).?

Als ich kürzlich – unglaublich, nun erklingt gerade Manu Chao aus den Lautsprechern!! ? – zwei Traveler belauscht habe und die eine dem anderen bestätigte, Ha Noi sei ziemlich ähnlich wie HCMC, hätte ich beinahe entrüstet widersprochen. Wenn ich’s mir aber genau überlege, liegt das wohl im Auge des Betrachters – natürlich ist es hier genauso vietnamesisch wie in Ha Noi. Ich bin mir auch noch nicht sicher, ob meine Ablehnung gegen diese Stadt an mir (meiner momentanen Stimmung) oder wirklich an der Stadt liegt und will das vorerst auch noch offen lassen. Das Urteil wird erst gefällt, wenn ich ausserhalb der Weihachtszeit noch einmal hier war. Womöglich habe ich auch einfach meinen ersten Reisekoller und das gute Saigon kann gar nichts dafür.

 

Ha Noi, VIE – ein erstes Fazit zu Vietnam

War ich die ersten Tage in administrativen Angelegenheiten und ansonsten eher ziellos in der Stadt unterwegs, habe ich mich gegen Ende meiner Zeit in Ha Noi etwas zusammengerissen und mir noch ein paar Sehenswürdigkeiten mehr ‚reingezogen. Dabei durfte das Hoa Lo-Prison natürlich nicht fehlen – irgendetwas Makabres muss immer sein ?. Ein Grossteil dieses Monstrums hatte allerdings bereits vor Jahren einem Geschäftshaus weichen müssen, heute steht nur noch ein kleiner Teil davon und so verhält es sich auch mit der „Museumsausstellung“. Resp. man könnte auch sagen, meine Erwartungen waren einfach falsch. Es geht in der Ausstellung hauptsächlich um die beiden Kriege (den französischen und den amerikanischen, nicht die beiden Weltkriege) und nur zu einem ganz kleinen Teil um das Gefängnis selber – ist ja auch schwierig, wenn nichts mehr davon steht. Und die „Gefängnisstories“ wiederum beinhalten hauptsächlich eine Aufzählung all der späteren hohen Regierungstiere in Vietnam, welche in diesem Gefängnis dahinvegetierten und dabei NIEMALS ihre kommunistische Überzeugung verloren haben – und gemäss der erhaltenen Informationen erscheint es mir doch recht überraschend, dass diese überhaupt überlebt haben. Erinnert ein wenig an Ausschwitz-Birkenau. Auf jeden Fall wird deutlich, dass die französischen Kolonialherren (Erbauer des Gefängnisses) die Einheimischen auch als „Untermenschen“ betrachtet haben. Allerdings war das ja wohl normal für das Gebaren von Kolonialherren und daher ist es heute auch kein Thema mehr….(oder liegt vielleicht daran, dass wir unsere Sichtweise noch immer nicht geändert haben, nur unser Verhalten ist etwas Menschlicher geworden?)  Schmunzeln musste ich hingegen bei der Ausstellung zur Zeit des amerikanischen Krieges, als die amerikanischen Soldaten dort eingesperrt wurden. Fotos von Weihnachtsfeiern und wie die Soldaten friedlich und vergnügt zusammensitzen und Brettspiele oder Karten spielen…. Passt nicht so ganz zu den Bildern, die wir aus den amerikanischen Filmen kennen ? – Propaganda überall!

Der originalgetreue Eingang des Gefängnisses

Weiter war ich im Literaturtempel. Die Bezeichnung Tempel ist etwas irreführend, da es eigentlich eine Universität (die erste von Ha Noi) für die höheren Söhne der damaligen Zeit war, gegründet von einem der Könige im 11. Jh.  Mit der Verlegung der Hauptstadt nach Hue 1807 verlor die Ausbildungsstätte ihren Status. Die letzten Prüfungen wurden 1915 abgelegt. Aufgrund der darauffolgenden Kriege (und entsprechenden Bombardements vor allem durch die Amerikaner) steht heute nicht mehr viel von den ursprünglichen Gebäuden, praktisch alles open-air. Doch obwohl mitten in der Stadt gelegen, ist es unheimlich ruhig und friedlich innerhalb dieser Mauern, trotz der vielen Touristen. Es ist denn auch nach wie vor eine Gebetsstätte für Konfuzius‘ Anhänger. Und so erinnert es – aus westlicher Sicht? – doch stark an einem Tempel.

Das Alumni-Verzeichnis  

Konfuzius ist der Grösste

 

Ach ja, die Vietnamesen lieben Karaoke und Federball. Beides trifft man regelmässig und besonders die Federballspieler meist an den unmöglichsten Orten an – die Vietnamesen können überall Federball spielen! Es ist beinahe ein Wunder, dass sie es nicht auch noch mitten auf einer Strassenkreuzung tun. Erinnert mich ein wenig an meine Kindheit, es gab da ‚mal so eine Phase, da waren wir (offenbar) auch vietnamesisch drauf….?  Kaffee lieben sie auch, allerdings geht es eher in Richtung türkischer Kaffee als den unsrigen. Und vietnamesischer Kaffee mit Milch ist normalerweise mit Kondensmilch. Oder anders gesagt, wenn du ihn erhältst, willst du zuerst reklammieren, weil du denkst, die Milch sei vergessen gegangen. Wenn du dann im Kaffee herumrührst, bereust du es ziemlich schnell, weil er dadurch zu einer unglaublich süssen gelartigen Melasse wird…. nicht wirklich zu empfehlen. Was die Franzosen den Vietnamesen Gutes hinterlassen haben, ist das Brot. Im Gegensatz zu Thailand oder Indien findet sich hier nicht nur Toastbrot, sondern an jeder Ecke wunderbare Baguetts sowie auch Pains au Chocolat und jede Menge Quiches. Und schliesslich – erwähnt als Tribut an eine gute Freundin ? – sind sie grosse Kunstfreunde, Galerien gibt es zu tausenden in Ha Noi.

 

 

Der Stadtsee, Hoan Kiem-Lake, dient scheinbar als eine Art Freiluftsprachschule. Als ich mich dort aufhielt, wurde ich ständig angesprochen, ob ich Zeit hätte. In der Annahme, man wolle mir etwas verkaufen, habe ich natürlich erst einmal verneint. Aber dann kam ein kleines Mädchen, hat sich einfach neben mich gesetzt und angefangen, mir 1’000 Fragen auf englisch zu stellen. Ich bin sicher, sie hat kaum eine meiner Antworten verstanden. Aber ich vermute, darum ging es ihr auch gar nicht, sie wollte einfach etwas Konversation üben. Auch sie hat von Federball erzählt, natürlich von Weihnachten, worauf sie sich freut, weil sie dann Geschenke erhält und sie steht auf Taylor Swift ? (wie könnte es anders sein!). Später hat sie noch ihre Mutter dazugeholt, welche sich auf der anderen Seite neben mich gesetzt hat und da – so eng eingepackt zwischen den beiden Frauen – war ich mir dann nicht mehr so sicher, ob ich mich noch wohl fühlen soll oder nicht, wo das wohl enden würde. Sie haben sich jedoch bald darauf verabschiedet und als ich mich das nächste Mal an diesem See auf die Frage, ob ich Zeit hätte, eingelassen habe, ging es wiederum nur darum, englisch zu sprechen. Wie angedeutet, man kann es nicht wirklich Gespräch nennen, du wirst einfach befragt, woher du kommst, wohin du gehst, wie dir Vietnam gefällt natürlich, welche Farbe du magst, welche Musik, welchen Sport etc. Die Schweiz ist den Vietnamesen in Ha Noi übrigens vollkommen unbekannt, sofern der jeweilige Vietnamese nicht im Tourismus arbeitet. Interessanterweise wollen sie auch Frankreich nicht kennen…. wenn’s um Europa geht, fragen sie sogleich nach den UK. Etwas Anderes scheint in Europa nicht existent.

Ich war hier noch in keinem, von aussen stehen die hiesigen Einkaufszentren den unsrigen jedoch in nichts nach. Auch bekommt man eigentlich alles, was man sucht. Vielleicht nicht mit dem gleichen Markennamen wie zu Hause und manchmal dauert es auch ein wenig, bis man erkennt – wie es halt so sein kann im Ausland – aber letztlich ist alles da. So tue ich mich denn etwas schwer, den Kommunismus zu „finden“. Das bestätigen auch andere Westler und selbst den Vietnamesen fällt es schwer, „ihren Kommunismus“ zu erklären. Wirtschaftlich ist hier alles möglich, wie es scheint. Längst nicht mehr alle Betriebe sind staatlich, im Gegenteil, diese sind vermutlich sogar mittlerweile in der Minderheit. Übrig geblieben scheint nur das Einparteiensystem und die Überlegenheit der Regierungsmitglieder, wie es mir von China her bekannt ist. Sie scheinen den Chinesen denn auch nahe, nur mit dem Aufbegehren gegen die Regierung liegen sie noch etwas zurück. Doch die jungen Vietnamesen beginnen sich gegen die Unterdrückung im Sinne des Gehorsams zu wehren. Interessant daran ist, dass der Staat sich in gewisser Weise selber „zerfleischt“. So schicken sie die Jungen auf Kosten des Staates zum Studieren ins Ausland und genau diese Rückkehrer sind es, die sich dem Gehorsam nicht länger unterwerfen wollen. Es wird interessant sein, die Entwicklung dieser Gesellschaft in den nächsten 10j zu verfolgen! Eine Vietnamesin Ende 20 hat mir erzählt, sie wolle keinen Vietnamesen zum Mann. Denn in Vietnam müsse man die Eltern und Schwiegereltern respektieren, egal ob man sie leiden könne oder nicht (ähnlich zu Indien ziehen Frauen nach der Heirat in den Haushalt der Schwiegereltern – wär auch nicht mein Ding ?). Welche weiteren Gründe den Wunsch nach einem Mann aus dem Westen verstärken, lassen wir nun einmal dahingestellt. Ich finde, die Aussage zeigt sehr schön die Konflikte, die in einer sich zu schnell verändernden und stark von aussen (dem Westen) beeinflussten Gesellschaft entstehen. Wenn sich die Frauen weigern, in den Haushalt der Schwiegermutter einzuziehen, weil sie sich dort unterordnen müssen, geht das System nicht mehr auf (Altersvorsorge!). Dass es dazu Alternativen gibt, hat das neue Denken bewirkt, Dank sei dem Tourismus, der Globalisierung, dem Internet (soweit ich feststellen kann, blockt die vietnamesische Regierung bis anhin nichts im Internet).

Aber eigentlich war ich ja beim Einkaufen. In der Altstadt von Ha Noi gibt es keinen Platz für Einkaufszentren – man spricht vom Goldenen Slum, die Menschen wollen nicht wegziehen (u. a. wegen der Wertsteigerung) und zusätzlich zieht es immer mehr Menschen dorthin, der Platz lässt sich aber nicht ausdehnen und so haben die Bodenpreise denn auch schon beinahe Schweizer Niveau erreicht! (Und wieder, wo ist hier der Kommunismus, da gehörte der Boden doch eigentlich dem Staat?) Und so herrschen in Ha Noi noch die Strassenzeilen vor, in denen sich ein Geschäft ans nächste drängt, zudem gibt es mehrere Markthallen (vergleichbar mit Covent Garden).

Alltag

Hier musste ich an Samira denken (auch wenn sie da mittlerweile wohl nicht mehr reinpasst und diese Kleidchen sicherlich genauso schrecklich findet wie ich) ?

Der Nachtmarkt am Wochenende (abgesperrt und theoretisch nur für Fussgänger, aber Mopeds kommen überall durch) 


Katzen gibt es hier jede Menge, mehr als Hunde. Oft gehört eine zum Restaurant. In meinem Lieblingscafé hatten sie eine noch ganz junge. Mit der habe ich mich im Laufe der Zeit angefreundet und zum Schluss sass sie sogar auf meinem Schoss, während ich gebloggt habe und hat friedlich vor sich hingeschnurrt. Wie es Katzen jedoch so an sich haben, sie hat mir meine Jeans zerlöchert…. Zu meinem Elend wird es diese Hose wohl kaum bis zum Ende meiner Reise machen. Das liegt in erster Linie sicher an den hiesigen Waschmaschinen/Tumblern, die Katzenkrallen waren jedoch nicht gerade förderlich.?

Mittlerweile habe ich auch herausgefunden, weshalb man die Vietnamesen so schlecht versteht: sie sprechen das „S“ nicht. Wenn du also wieder einmal nicht verstehst, versuch an den passenden Stellen ein S reinzupacken und oft ergibt die Aussage dann einen Sinn, was bspw. wie „fööt“ klingt, meint nach meiner Erfahrung „first“ ?  (Standardfrage der Vietnamesen, ob man das erste Mal in Vietnam ist).

Trotz mehrfacher Versuche gelingt es mir nicht wirklich, in Worte zu fassen, was mir an Ha Noi denn so gefällt, warum ich mich hier so wohl fühle. Wobei dies wohl das Stichwort ist: ich fühle mich hier einfach wohl. Es ist ein bisschen wie Schuhe kaufen, ein Blick aufs Regal genügt, um zu wissen, ob es sich lohnt, hier etwas anzuprobieren oder ob man das Geschäft gleich wieder verlassen kann (meine Mutter kann aus meinen Kindertagen davon ein Liedchen singen ?). So ähnlich verhält es sich bei mir auch bei Orten, einmal kurz „durchschnuppern“ genügt, um zu wissen, ob man sich hier niederlassen wollte oder doch lieber bald wieder weiterziehen will. Wieviel davon korrekte Intuition und wieviel falsches Vorurteil ist, sei einmal dahin gestellt. Ist ja vermutlich auch gar nicht so wichtig, da ein endgültiges Niederlassen sowieso nicht zur Debatte steht ?. Ein Grund für die Faszination liegt sicherlich in der Diskrepanz zwischen dieser gewissen Ruhe und dem für Asien üblichen lautstarken Chaos – zwei Gegensätze, die sich hier auf wunderbare Weise verbinden oder auch nebenher gehen, mal so, mal so. Die Menschen sind oft erst einmal zurückhaltend – das absolute Gegenteil vom Amerikaner, der gleich nach 5min. dein bester Freund ist. Doch wenn sie entschieden haben, sich zu öffnen, können sie unglaublich herzlich sein. Und manchmal auch überraschend fürsorglich, so hat mich eine alte Dame beim Überqueren der Strasse auch schon einfach an der Hand genommen und mich über die Strasse geführt. Sie sind auch recht „touchy“, Berührungsängste sollte man hier keine haben. Eine Umarmung zum Abschied ist nicht selten – natürlich nur von Frauen (wobei das an mir bzw. meinem Geschlecht liegt, unser Guide bei der Ha Long-Tour ging bei den männlichen Teilnehmern genauso auf brüderliche Tuchfühlung).

Ha Noi, wenn Du keinen Winter kennen würdest, wärst Du vermutlich mein Favorit…!?

 

Bangkok, THA – Ich und die Botschaft und weitere Stationen

Mittlerweile bin ich hier schon richtig zu Hause. Ich habe den Coop Silbern und das Glattcenter meines Stadtteils gefunden, fahre mit dem Bus, als wäre ich hier aufgewachsen und führe ein ganz alltägliches Leben (ohne heimliche Ängste), abgesehen davon, dass meine täglichen Beschäftigungen nicht unbedingt alltäglich sind. Selbst das Taxifahren hat seinen unangenehmen Mafia-Beigeschmack verloren. Die Taxifahrer sind zu anständigen Menschen mutiert, sie geben sich richtig Mühe und stellen sogar in absoluter Selbstverständlichkeit den Taxameter an, ohne dass man etwas zu sagen braucht. (Da es an der Endstation der U-Bahn nur eine Bushaltestelle für beide Richtungen gibt, komme ich nicht umhin, das letzte Stück meines Heimwegs mit dem Taxi zu überbrücken, da die Busfahrer – im Gegensatz zu den Taxifahrern – nicht kooperativer geworden sind.) Auch das „grüne-Männchen-Syndrom“ hat sich, zumindest teilweise, geklärt. Es handelt sich dabei um Mopedtaxi-Fahrer, deren starrender Blick zu eruieren versucht, ob man möglicherweise der nächste Fahrgast sein könnte. Der eine oder andere hat denn, zusätzlich zum Starren, auch schon gefragt, die meisten scheinen jedoch den Mund nicht bewegen zu können.

So liesse es sich hier wirklich gut leben. Doch leider läuft meine Zeit hier ab und dabei habe ich noch gar nicht viel von Bangkok gesehen – nun, zumindest nicht, was man sich als Tourist hier allgemein so ansieht. Die meisten der üblichen Sehenswürdigkeiten sind fernab von mir und auch von den Haltestellen von U-Bahn und Skytrain. Diese modernen Verkehrsmittel scheinen eher aufs Business ausgerichtet zu sein. So ist es ein Einfaches, damit ins Botschaftsviertel zu kommen (wogegen sich die Tempel und Paläste nur mit Bus oder Taxi erreichen lassen). Und weiss Gott, diesen Weg bin ich einige Male gefahren…. Ich und die Vietnamesische Botschaft sind kein harmonisches Team. Es liegt allerdings nicht an mir, alle Ausländer dort haben gelästert. Dennoch, sollte es mir in Vietnam nicht gefallen, könnte man wohl sagen, ich hätte es wissen müssen!

Bei meinem ersten Versuch war ich von Beginn weg etwas spät dran. Wie es halt so läuft, wenn man erst mittags aufsteht.? Bis ich dann alles zusammen hatte, was man für ein Visum braucht, war es kurz vor 4 Uhr und die Schlange vor dem Touristen-Visum-Schalter schon ziemlich lang. (Die anderen Schalter waren besetzt, allerdings ohne Kunden, dennoch, es wäre diesen Beamten nicht einmal in den Sinn gekommen, den Touristen-Schalter zu unterstützen….) Nach etwa einer halben Stunde, in der die Schlange kaum vorgerückt ist, machte mich der Typ vor mir darauf aufmerksam, dass Visa-Anträge nur bis 4 Uhr angenommen würden. Zwischen 4 und 5 Uhr sei die Zeit für die Visa-Abholung und ich müsse damit rechnen, dass ich weggewiesen würde, sofern ich überhaupt noch vor 5 Uhr beim Schalter ankommen würde (um 5 Uhr werden die Schalter erbarmungslos geschlossen, egal wie lange die Schlange davor noch ist – die Arbeitsmoral in dieser Botschaft macht noch einen ziemlich kommunistischen Eindruck…). Wo er Recht hat, zumindest ist es auch in der Botschaft derart schriftlich ausgewiesen. Das Risiko war mir daher zu hoch, hier sinnlos Zeit in den Boden zu stehen und ich bin gegangen. Dabei habe ich festgestellt, dass die Warteschlange mittlerweile so weit angewachsen war, dass sie bis ausserhalb der Botschaft reichte! Garantiert wäre ich weggewiesen worden. Das war an einem Freitag.

Am Montag startete ich somit meinen 2. Versuch. Es gab an diesem Nachmittag keine Warteschlange, allerdings auch keinen Beamten hinter dem Schalter…. Er war bei meinem Eintreffen verschwunden und hat sich ziemlich lange Zeit gelassen mit dem Wiederkommen. Und wiederum, die anderen Beamten fühlten sich nicht zuständig. Die Einreichung des Antrags verlief schliesslich relativ rasch, wenn auch unerfreulich in dem Sinn, dass ich einerseits erfahren habe, dass man von Thailand aus nur 30d-Visa erhält und ich andererseits den Mund beinahe nicht mehr zugekriegt habe, als man mir den Preis für das Visum nannte – CHF 75 für ein einfaches (single entry) 30d-Visum! Das ist mehr als mein Flug von Bangkok nach Hanoi gekostet hat – was zugegebenermassen daran liegt, dass mit den Flugpreisen etwas nicht stimmt. Dennoch, das sind Schweizer Preise (ein 3-Monats-Visum mit mehrfach-Eintritt hätte mich zu Hause CHF 110 gekostet und weit weniger Nerven)!!

An meinem letzten Tag (vor Abreise) in Bangkok durfte ich das Visum abholen. Im Hinblick auf meine Erfahrungen vom Freitag und der ellenlangen „Abholschlange“ bin ich bewusst zu früh hingegangen in der Hoffnung, sie würden mir das Visum auch bereits vor 4 Uhr aushändigen. Die Botschaft war wiederum leer bei meinem Eintreffen und tatsächlich war der Beamte bereit, mich zu bedienen. Er hat den ersten Schweizer Pass aus dem Körbchen genommen, dann den 2. und schliesslich den 3. – keiner war meiner. Darauf ist er für 10min (ich habe auf die Uhr geschaut!) verschwunden, kam mit leeren Händen zurück und meinte, ich solle Platz nehmen und hat den nächsten Visumabholer bedient, der mittlerweile eingetroffen war. Wunderbar! Ich setz mich doch da nicht einfach hin und warte darauf, dass sich dieser Beamte vielleicht irgendwann vor 5 Uhr an mich erinnert! Ganz besonders, sollte es ab 4 Uhr wieder zu und her gehen wie am vergangenen Freitag. Ich musste Thailand am nächsten Tag verlassen und die hatten meinen Pass! Ich war leicht panisch…

So entschied ich, mich einfach in der inzwischen entstandenen Warteschlange wieder anzustellen in der Hoffnung, dass mein Pass inkl. Visum ab 4 Uhr vorhanden sein würde. Etwa 10 min nach 4 Uhr war ich erneut an der Reihe und der Beamte hat mich sofort erkannt (wow!) und sich dann doch erbarmt, mich aufzuklären. Mein Visum war offenbar noch in Bearbeitung. Ich würde es jedoch auf jeden Fall noch vor 5 Uhr erhalten und ich solle mich nun hinsetzen und warten. Tja, er war offensichtlich am längeren Hebel…. Also habe ich mich brav hingesetzt und mich in meinem Mantra geübt: „Alles wird gut!“

Zum Glück war nur wenig los auf dieser Botschaft an diesem Tag und so war der Beamte immer wieder mal ohne Kundschaft und fand sich meinem vermutlich immer ängstlicher werdenden Blick gegenüber. Er ist denn auch jedes Mal verschwunden, worauf ich mir eingebildet habe, dass er nach meinem „Visa-Prozess“ schaut. Etwa 20min vor 5 Uhr wurde ich schliesslich erlöst. Ich erhielt meinen Pass mit Visum mit den korrekten Daten und schwebte sicher 50cm über dem Boden aus der Botschaft hinaus.

Das Botschaftsviertel ist nahe am District Siam gelegen, dem mit den vielen grossen Shopping-Malls. Bereits nach meinem ersten Botschaftsbesuch bin ich anschliessend – etwas ungeplant – dort gelandet. Ich bin einfach aufs Geratewohl zu Fuss losmarschiert und habe mich relativ rasch in einer dieser Malls wieder gefunden. Daraus wieder hinauszufinden, war allerdings eine eher schwierige Aufgabe…. Diese Malls sind wirklich riesig, total unübersichtlich und beherbergen neben allen möglichen uns bekannten und unbekannten Foodketten hauptsächlich Luxuslabels. Somit nicht wirklich mein Ding, aber immerhin, eine der Touristenattraktionen hatte ich abgehakt. Beim Siam-Square gibt es eine hochgelegene Passage für die Fussgänger, die etwas Ausblick bietet…

Fragt mich nicht, was für eine Prozession dies hier ist…. aber es hat für ein klein wenig Aufruhr gesorgt (und mich an Indien erinnert)

Moped-racing in Bangkok….
…. eine rote Ampel, an welcher sich die Mopedfahrer vorne zusammenballen  

 

Am Samstag gab ich mir schliesslich eine weitere Touristen-Attraktion: den Chatuchak Weekend Market. Ein Markt mit über 15’000 (!) Ständen, der ganz nahe bei meiner Unterkunft liegt. Die Vorstellung von so einem riesigen Markt fand ich faszinierend. Dort angekommen fühlte ich mich jedoch ziemlich rasch ziemlich überfordert. Auch habe ich mir dort vermutlich einen Sonnenstich geholt (ich hab’s noch immer nicht geschafft, mir eine Kopfbedeckung zu beschaffen….). Jedenfalls hatte ich nach 2h ziemlich starke Kopfschmerzen und wollte nur noch nach Hause. Ich hatte versucht – bei dieser riesigen Auswahl – mich auf Schals und Schmuck zu konzentrieren. Doch beides war nicht nach meinem Geschmack. Auch die Thais stehen offenbar (wie die Inder) eher auf Goldschmuck. So oder so, es sah alles ziemlich nach Ramsch aus. Und die Schals waren mir durchs Band viel zu kurz, ganz abgesehen davon, dass die Sujets auch sehr zu wünschen übrig liessen. Unbrauchbar!

Tagsdarauf folgte ich dem Rat meines Hosts und ging in die nahe gelegene local Mall – das Glattzentrum von Bang Sue! ?  Neben den allgegenwärtigen Restaurantketten à la Starbucks, Häagen Dazs und wie sie alle heissen, gab es nur wenige mir bekannte Labels, aber es war offensichtlich ein Ort für die Mittelschicht und damit in einer sympathischen Preisklasse. Auch entspricht die Grösse effektiv etwa dem Glatt und ist entsprechend viel übersichtlicher als diejenigen Einkaufszentren am Siam Square. Natürlich habe ich nichts gekauft – an meiner Shopping-Aversion wird sich vermutlich nie mehr etwas ändern. Aber ich wusste nun, wo ich hätte hingehen können, wenn ich etwas gebraucht hätte.

Doch dafür war es noch zu früh (zugegeben, die Sache mit der Kopfbedeckung, aber die lasse ich mich finden und nicht umgekehrt, das hat keinen Zweck). Noch war ich mit allem ausgestattet und mit noch viel mehr. Bereits kurz nach meiner Ankunft in Bangkok hatte ich meinen Rucksack komplett ausgeräumt und zusammengesammelt, was wieder zurück nach Hause konnte. Mengenmässig war das überraschend viel, bezogen aufs Gewicht leider nicht so sehr! ?

An meinem freien Botschaftstag habe ich mich mit meinen 2 vollen Säcken aufgemacht zu einem Postoffice. Auch das hat sich als nicht ganz so einfach herausgestellt. Ich wusste zwar ungefähr, wo eines war, doch finde das mal, wenn du keinen blassen Schimmer hast, wie die Post von Thailand aussieht! Ist sie gelb wie bei uns? Rot? Blau? Grün….? Nach viel Herumfragen habe ich das Miniding schliesslich entdeckt (rot ist die Farbe der thailändischen Post)! Und schon kamen die nächsten Schwierigkeiten: Flüssigkeiten können nicht verschickt werden. Nicht, dass ich volle Wasserflaschen hatte heimsenden wollen, weil deren Wasser hier so gut ist…. Hier gilt noch schnell mal etwas als flüssig, wenn es nicht eine steinharte feste Konsistenz hat. Nach einer schier endlosen Inspektion, bei der etwa ein Viertel meiner Habe zurückgewiesen worden war, hat sich herausgestellt, dass per Schiffsversand Flüssigkeiten doch annehmbar sind…. Wer hat denn von Airmail gesprochen? Es eilt ja weiss Gott nicht! Also alles zurück auf Anfang. Als ich das Postamt schliesslich wieder verlassen habe, hatte ich ein Paket mit 3kg Gewicht zum Preis von CHF 30 verschickt, welches nun etwa 3 Monate unterwegs sein wird – sollte das Paket nicht ankommen, weiss ich doch zumindest, dass die 3 nicht meine Glückszahl ist! ?

Ja, ich habe noch nicht wirklich viel von Bangkok gesehen, musste mich erst einleben und so einiges organisieren. Nun wäre ich bereit für entsprechende Streifzüge, doch die Abreise steht vor der Tür. Ich habe jedoch vor, wieder zu kommen und nachzuholen, was ich bis anhin verpasst habe.

 

Bangkok, THA – Pass auf, was Du dir wünschst…

….. es könnte in Erfüllung gehen!

Für Bangkok habe ich meinen ersten Airbnb-Versuch gewagt und eine richtig tolle Bleibe erwischt. So toll, dass ich beinahe Gefahr laufe, mich wie zu Hause zu verhalten und mich einzuigeln. Es ist ein schmuckes kleines 2-Zimmer-Appartment mit Balkon zu einem unschlagbaren Preis (bei diesen Konditionen könnte ich meine Auszeit noch ewig ausdehnen ?). Die Kochecke ist zwar sehr klein, aber selbst das passt bekanntlich wunderbar zu mir ?. Und die Einkaufsmöglichkeiten (ein täglicher Markt (!) sowie ein 7/11) liegen gleich um die Ecke – so einen Luxus hatte ich nicht einmal zu Hause! Wäre da nicht diese Visa-Sache, ich weiss, ehrlich gesagt, nicht, ob ich bis jetzt überhaupt mehr von Bangkok gesehen hätte als die Aussicht von meinem Balkon….

Kleine Villa neben abgefuckten, teilweise baufälligen Hütten…. (und in der Strasse gegenüber findet man Anwesen, die an die US-Botschaft erinnern)

Die leider noch nicht fertig gestellte neue Strecke des Skytrain…. wie einfach wäre es, die Haltestelle auch gleich neben der Haustür zu haben…  

 

Soweit also eigentlich alles wunderbar und doch habe ich die ersten Tage hier in Bangkok meine erste kleine Krise geschoben. Das hatte sicher mehrere Gründe, vor allem aber war sie stark geprägt von der Situation, in die ich da geraten bin. Die Sache ist nämlich die, ich bin mitten in einer Aglo von Bangkok gelandet. Und da können die Reiseführer noch so schreiben, dass in Bangkok fast jeder Thai englisch spricht, hier trifft das nicht zu. Selbst die Produkte im Laden sind hier ausschliesslich auf Thai angeschrieben. Meine Patong-Aversion hat zurückgeschlagen! Nun hab‘ ich also den Salat….. ?

Bis zu meiner Ankunft am Flughafen von Bangkok verlief meine Reise wiederum reibungslos. Und wo die Reiseführer Recht haben: die Taxifahrer am Bangkok-Flughafen sind eine verdammte Mafia! Man hatte mir deshalb geraten, in den Departure-Bereich zu gehen und sich dort ein Taxi zu schnapppen. Doch mit dieser Idee war ich nicht allein und die Taxifahrer haben offenbar schnell gelernt. Durchs Band haben sie den doppelten Preis des maximal zulässigen verlangt und selbstverständlich war bei allen der Meter defekt…. Immerhin sind sie konsequente, gut vernetzte oder abgesprochene Halsabschneider. Komplett verarschen liess ich mich dieses Mal nicht, zu viel bezahlt habe ich dennoch, da ich der Streitereien müde wurde und endlich „nach Hause“ wollte. (Auch bezweifle ich mittlerweile, dass ich je von diesem Flughafen weggekommen wäre, wenn ich auf dem korrekten Preis bestanden hätte.)
Da das wifi-Passwort in meiner Unterkunft auf mich wartete, ich von meinem schweizer Handy weiss Gott nicht telefonieren wollte und hier, wie gesagt, keiner englisch spricht, hat es effektiv 20min gedauert, bis ich endlich den Schlüssel zu meinem Appartment gefunden hatte und damit sicher sein konnte, am korrekten Ort gelandet zu sein. Zum Glück war das Appartment eine positive Überraschung, ansonsten hätte es mir vermutlich ausgehängt.

Warum genau kann ich nicht sagen – vielleicht weil es einfach immer einfacher ist, den einfacheren Weg zu gehen ? (in diesem Fall in meinem cosy Appartment zu bleiben) – jedenfalls hat es mich am nächsten Tag unheimlich Überwindung gekostet, meine Wohnung zu verlassen. Zum ersten Mal auf meiner Reise habe ich mich allein gefühlt und mir gewünscht, irgendjemand würde mich an die Hand nehmen und mitziehen. Ich habe den Vorteil von Hotels erkannt: man ist in gewisser Weise unter seines Gleichen, aber doch allein, aber auf eine gute Art allein – hier bin ich einfach nur allein. Diese Airbnb-Sache ist vielleicht nicht der ideale Start für einen neuen fremden Ort. Ich werde hier in Bereichen gefordert, in denen ich unselbständig bin und das ist eine ganz schöne Herausforderung. Andererseits ist der Sprung ins eiskalte Wasser natürlich der effizienteste….

Die Vernunft hat schliesslich geholfen. Bekanntlich ändert sich meist nichts, wenn man nichts unternimmt. Und ich weiss sehr wohl, dass es unglaublich schnell geht, bis einem ein fremder Ort vertrauter wird, wenn man sich ihm denn stellt. Und so habe ich mich letztlich doch aufgerafft und einfach einmal die nähere Umgebung abgegrast. Dabei bin ich einigen Menschen begegnet, die mich angestarrt haben, als wäre ich ein grünes Männchen. Es will mir nich so ganz in den Kopf, dass das nur an meiner weissen Hautfarbe gelegen hat…. Doch dieses Rätsel habe ich noch nicht gelöst (und werde ich wohl auch nicht mehr).

Am Abend desselben Tages erhielt ich dann noch Besuch….. Plötzlich wanderte da doch eine Kakerlake über meinen Wohnzimmerboden – die Dinger sind riesig hier! ?  Umso überraschter bin ich von mir, dass es mich nicht sogleich in die weitentfernteste Ecke katapultiert hat. Nach einem kurzen Schreckmoment hab‘ ich das Vieh doch tatsächlich gekillt. Das Abkratzen vom Boden musste jedoch warten, der Ekel war zu gross. Vor allem jedoch hat es mir die Nacht versaut. In jedem Geräusch und in jedem Fleck im Augenwinkel habe ich eine weitere Artgenossin vermutet, einschlafen war ein ziemlich schwieriges Unterfangen. Eine Spinne auf dem Balkon ist eine Sache, aber die Viecher IN der Wohnung – das geht gar nicht! Eine meiner heimlichen Ängste in Verbindung mit dieser Reise. Denn natürlich ist mir sehr wohl bewusst, dass ein solches Zusammentreffen nicht ungewöhnlich ist. Und wiederum, was hätte ich für eine helfende Hand gegeben in diesen Stunden!

Die nächste Hürde war das Busfahren. Ohne Bus komme ich von hier nicht weg. Natürlich gäbe es noch die Taxi-Variante, aber nach meinen ersten Taxi-Erfahrungen in Bangkok war mir nicht sonderlich danach, davon abgesehen will ich mir das auch nicht regelmässig leisten. Die Bushaltestelle liegt genau vor der Haustür und die Zahlen sind in Thai ja zum Glück gleich wie bei uns. Damit hat es sich dann aber mit den Annehmlichkeiten. Ich mag es allgemein nicht, wenn ich in unbekanntem Gebiet mit öffentlichen Verkehrsmitteln herumfahren muss. In Europa sind wir uns aber gewohnt, dass der Kurs mit den jeweiligen Haltestellen überall aufgezeichnet ist und man sich schlimmstenfalls die Haltestellen abzählen kann. Das kannst Du hier natürlich komplett vergessen.  Die Haltestellen sind meist nur sehr schwer zu erkennen und schon gar nicht, wenn der Bus daran vorbeirauscht. Pläne zu den Buslinien kennen die hier nicht. Und auf die Hilfe vom Personal kann man nicht zählen, die wollen gar nicht verstehen. Nicht einmal das so oft beschriebene ständige Lächeln im Gesicht findet man hier. So sass ich denn bei meiner ersten Fahrt wie auf heissen Kohlen…. Zum Glück gibt es wenigstens nette andere Fahrgäste, die einem helfen, auch wenn oder vielleicht gerade deshalb, diese leicht angetrunken sind.

Mittlerweile habe ich das Busfahren gut im Griff und muss immer wieder mal schmunzeln. Nicht selten fährt man gratis, weil einfach keiner kommt, der einem ein Ticket verkauft oder weil man kein Thai spricht. Auch kann es schon einmal vorkommen, dass der Busfahrer irgendwo kurz anhält, aussteigt und sich irgendetwas besorgt. Nicht selten fährt der Bus auch mit offenen Türen, wogegen die „amerikanische Haftpflicht-Art-und-Weise“ bei der U-Bahn oder dem Skytrain wie ein Hohn wirkt, wenn sie einem bei jeder Haltestelle auf den kleinen „Gap“ zwischen den beiden Türen aufmerksam machen (Situation analog dem Zug zum Terminal E im Zürcher Flughafen, Türen am Zug und am Perron) – der Spalt ist wirklich nicht der Rede wert!

Tja, so habe ich also bekommen, was ich mir gewünscht habe. Und wie so oft, wollte ich es gar nicht mehr, als ich es hatte… ? Doch ich habe die Situation gemeistert, die Krise überwunden und nun verläuft meine Welt schon fast wieder in geordneten Bahnen!

Khao Lak, THA – Little Switzerland!

Heilige Scheisse!!! Das ging ja abwärts wie am Schnürchen….. Nach einem langgezogenen Abschied ging es per Taxi nach Phuket Town zum Bus-Terminal, wo man sogleich in Empfang genommen wird mit der Frage, wohin man will und mit der gegebenen Antwort an den richtigen Schalter geführt wird. Ticket gekauft und eine viertel Stunde später fuhr der Bus auch schon ab. Es hiess, bis Khao Lak dauere es etwa 2.5 bis 3h, doch nach 2h hiess mich des Fahrers Helferlein bereits aussteigen – das ging ja zack! Und dann wurde ich so richtig abgezockt! Es ist wohl kein Geheimnis, dass Touristen immer zu viel bezahlen und eigentlich habe ich damit nicht einmal so ein grosses Problem. Die westlichen Länder haben die 3. Welt über Jahrzehnte abgezockt und tun es in einer absoluten Selbstverständlichkeit nach wie vor, da ist es vermutlich nur korrekt, wenn sie sich das heute irgendwie (teilweise) wieder zurückholen. Aber in diesem Fall wäre es einfach nur Anstand gewesen, wenn der Taxifahrer darauf hingewiesen hätte, dass ich auch auf meinen Füssen über die Strasse gehen kann…. Er war dann immerhin noch so anständig und hat mich für mein Geld auch noch etwas herumgefahren… So sind wir etwa 5min gefahren, statt 5min gelaufen. Heute kann ich die Bushaltestelle bzw. den Taxistand vom Hotel aus sehen, bei der Ankunt im Hotel ist mir dieser Tatbestand jedoch nicht aufgefallen. Auch muss ich zugeben, ohne Hilfe hätte ich das Hotel wohl nie gefunden, obwohl ich beinahe davor gestanden bin. Die Front an der Strasse macht so keinen hotelartigen Eindruck und das eigentliche Hotel ist zurückversetzt hinter Gebäuden, so dass auch alle Fotos, die ich im Voraus vom Hotel gesehen hatte, nichts geholfen hätten. So nehm ich’s denn mit Humor und habe gelernt, dass man hellhörig werden sollte, wenn der Taxipreis unheimlich tief ist….?

Nach der reibungslosen Reise und der Freude, schnell und unkompliziert angekommen zu sein, drückte das Hotelzimmer dann doch etwas auf die Stimmung. Ich bin verwöhnt nach den letzten Tagen! Das Zimmer wäre voll i. O., neu, sauber, schön, alles, was es braucht, aber irgendwie so eng und klein. Ich hatte gleich das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Daran sollte ich mich aber vermutlich gewöhnen. In Bangkok wird es vermutlich noch enger. Jedenfalls bin ich dann schnell wieder abgezogen, an den Markt, auf den mich der Hotelmanager beim Einchecken hingewiesen hatte. Und da ist meine Stimmung endgültig in den Keller gesackt (die Sache mit dem Taxi hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisiert, dafür habe ich noch einen weiteren Tag gebracht). Ich bin an einem Markt in Thailand und es wird NUR DEUTSCH GESPROCHEN!!! Alle möglichen Dialekte unserer 3 Länder, aber eben halt nur deutsch rund um mich herum. Und sooooo viele Schilder in deutscher Sprache! Ich dachte echt, ich bin im falschen Film! Getopt worden wäre das nur noch, wenn mich einer der Verkäufer auch noch auf deutsch angesprochen hätte – vermutlich hätte ich dann die Flucht ergriffen!

Wie man doch aneinander vorbeireden kann, ohne es zu merken. Khao Lak wurde mir in den höchsten Tönen angepriesen und ich find’s einfach nur grauenhaft. Jedes Gespräch am Nachbartisch versteht man, aus dem Radio spricht Marcel Koller im Radio Vorarlberg und das Special of the month ist „Züri Gschnätzleds“ ???  Eine Woche früher war ich genau davor noch geflohen und nun bin ich mitten drin gelandet! Was für eine Sauerei!!!

Eigentlich ist der Schweizer doch nicht so „ballungslustig“. Ich wüsste jedenfalls nicht, dass es irgendwo auf der Welt ein little Switzerland gibt, gebildet von den damals geflüchteten…. pardon, ausgewanderten Schweizern, analog den little Italys oder Chinatowns – eigentlich schade irgendwie, wäre doch noch spannend, sich heute in NY eine derartige „Sehenswürdigkeit“ anzuschauen. ? Aber der Schweizer ist dazu viel zu anpassungssüchtig. Oder war es zumindest früher einmal. Heute scheint er sich tatsächlich pudelwohl zu fühlen unter seinesgleichen und sich alles Bekannte und Vertraute von zu Hause mitzunehmen, damit er auch ja auf nichts verzichten muss.

Ja, der erste Abend hier lag einige Stockwerke tiefer als der Morgen des gleichen Tages. Aber der Vorteil ist, wenn man ganz unten angekommen ist, kann es nur noch aufwärts gehen….?

 

Phuket, THA – Abschied

Gestern war es soweit, meine Zeit in Kamala ging zu Ende. Es war eine Vernunftentscheidung, die natürlich bereits einige Tage vorher gefallen war. Und wie beim Friseur-Termin hielt ich das damals für eine gute Sache. Als der Zeitpunkt dann aber gekommen war, war die Überzeugung nicht mehr so stark. Einerseits deshalb, weil es einfach verdammt einfach gewesen wäre, noch länger am bekannten Ort zu bleiben, andererseits war es aber auch die letzten Tage noch etwas perfekter geworden und ich ahnte bereits, dass der neue Schritt eher abwärts führen würde, noch besser geht ja fast nicht mehr!

Angefangen hat es damit, dass die Klimaanlage in meinem Zimmer ausgefallen ist und sich nicht so einfach reparieren liess. Und ich muss gestehen, so ganz ohne Klimaanlage wird es auf Dauer doch etwas ungemütlich…. Ich wurde deshalb umquartiert in eine Suite. Vorerst nur für eine Nacht. Das war nicht sooo toll, da ich natürlich nur das Notwendigste gezügelt habe und mich zu Beginn nicht voll und ganz auf das neue Heim einlassen wollte – zweigeteilt auf 2 Zimmer ist nicht so das Wahre. Am nächsten Tag hatte ich jedoch erfahren, dass sich die Reparatur wohl doch länger hinziehen wird und ich deshalb bis zum Ende meines Aufenthalts in dieser Suite bleiben durfte. Nun hatte ich auch noch Zugang zu einer ziemlich perfekten Küche, was das fehlende Restaurant eliminierte. In diesem Zimmer hätte es sich wirklich perfekt leben lassen. Der einzige Nachteil, ich war nun „über den Wolken“ und damit ziemlich abgeschieden von allen anderen. Und ich musste mir meine private Terrasse zeitweise mit einer riesigen Spinne teilen – wir haben uns nicht angefreundet, aber letztlich geduldet, da sie sich anständigerweise auf ihre Ecke beschränkt hat.

Sie war wohl mit ein Grund, dass ich nun mehr Zeit im allgemeinen Bereich verbracht habe, sie und die moderne Kaffeemaschine, die dort zur allgemeinen Verfügung stand und einen wirklich exzellenten Kaffee macht. Zu dieser Zeit habe ich dann auch plötzlich ganz viel Kontakt zu den anderen Gästen geknüpft. Ich mag dieses Timing nicht hinterfragen, ob es nun an den neuen Gästen, an mir oder an beidem lag, ist eigentlich egal. Auf jeden Fall wurde es dadurch lebendiger, lustiger, unterhaltsamer.

Ich weiss nicht, wann ich das letzte Mal so viel französisch gesprochen habe wie die letzten Tage und dies, obwohl mir zuerst einmal immer nur die englischen Worte eingefallen sind…. relativ anstrengendes Unterfangen, aber eben auch lustig. Der grösste Witz dabei ist, dass ausgerechnet ich letztlich zur Übersetzerin für alle wurde. Das französische Paar konnte kaum englisch, die Hotelbesitzerin und das deutsche Paar wiederum kein französisch…. Trotz meinem Spass am Spiel mit der deutschen Sprache hatte ich mich eigentlich immer für sprachlich ziemlich unbegabt gehalten. Dass nun ausgerechnet ich in die Bresche gesprungen bin, ist daher ein ganz neuer Zug an mir. Nun, wer hat vor meiner Abreise nicht gesagt, es werde ein Trip zu mir selber ?, was nun aber bestimmt nicht bedeuten soll, dass ich mich zukünftig, nach meiner Rückkehr, als Simultan-Übersetzerin sehe! Wir wollen’s mal nicht übertreiben, meine Französischkenntnisse sind nach wie vor grauenhaft.

Am letzten Abend wurde ich dann auch noch bekocht von meinen Gastgebern. Ich muss gestehen, dass ich so etwas – im Hinblick auf meine Verdauung – unter normalen Umständen hier nie gegessen hätte (bekocht trifft es nicht ganz), doch ich konnte unmöglich ablehnen! So habe ich mir gesagt, dass etwas, das mit so vielen positiven Gefühlen daherkommt, nicht zu negativen Auswirkungen führen kann und meinen Magen mit dem gefüllt, was mir geboten wurde. Mal sehen, was dabei herauskommt… Bis anhin rebelliert noch nichts. ?

Ich gebe zu, dass ich mich in diesen Tagen immer wieder mal gefragt habe, ob ich beim Erhalt der Rechnung wohl mein blaues Wunder erleben würde, nach all diesen Extradiensten, die mir zuteil geworden sind – so war es dann auch, allerdings „upside down“. Mich hat’s beinahe vom Stuhl gehauen, als mir die Hoteleignerin die Rechnung unter die Nase gehalten hat!!! Da war nur der Zimmerpreis enthalten, kein Frühstück, kein Shuttle-Service, keine Minibar…..!! Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Wie geht man denn mit so einer Situation um?

Wenn’s am Schönsten ist, soll man bekanntlich gehen. Ich glaube, das habe ich ziemlich gut getroffen….?